Ähnlich wie die extrem erfolgreiche “The Walking Dead”- Franchise ist auch die Vampir-Horror Marke “30 Days Of Night” mittlerweile zu einer richtigen Instanz im Horrorgenre geworden, und das durchaus zu Recht! Denn auch hier haben wir es mit hochwertiger Kost zu tun, die ähnlich wie bei “The Walking Dead” ein angestaubtes Genre wieder groß gemacht hat. Ursprünglich wurde “30 Days Of Night” vom Autor Steve Niles (auch bekannt durch z.B. “28 Days Later”) im Jahre 2003 als Comic veröffentlicht. Es folgten einige Nachfolger und diverse Spin-off Reihen. Auch wurde das Ganze sehr erfolgreich mit gleichnamigem Titel verfilmt und gelangte in die Kinos. Weit weniger bekannt ist das Sequel “30 Days of Night Dark Days”, welche es nur zu einer DVD-Veröffentlichung schaffte, da die Qualität nicht mit der des Vorgängers mithalten konnte.
Heute haben wir den Comicband “30 Days Of Night Band 1: Die Barrow Trilogie” vorliegen, welcher die ursprünglich einzeln veröffentlichten Comics “30 Days Of Night”, “Dunkle Tage” und “Rückkehr Nach Barrow” in einem dicken Band zusammenfasst. Dies macht auch durchaus Sinn, da die drei Comics inhaltlich aufeinander aufbauen.
Die Verarbeitung
So stell ich mir das vor, knapp 400 Seiten, super Druckqualität und Hardcover: besser hätte man “30 Days Of Night” nicht veröffentlichen können! Ein wahres Schmuckstück für jeden Comicsammler und Fan von Vampirhorror!
Zeichnungen
Hier geht “30 Days Of Night” einen eigenen Weg und das mit Bravour, denn der Zeichner Ben Templesmith (Impressionen siehe hier) verwendet für sein Werk Aquarelltechniken und arbeitet Feinheiten mit Tusche heraus. Es entsteht ein abstrakter, ungenauer Stil, in welchem oft Figuren mit ihrer Umwelt vermischt werden und Konturen “zerfließen”. Aber genau dieser Stil wirkt sehr gut und die düstere Welt am Rand des Polarkreises, in welcher die Geschichte spielt, erreicht eine ungeahnt intensive Atmosphäre. Besonders die Vampire in “30 Days Of Night” stechen hervor, denn diese sind nicht wie klassische Vampire (Dracula), Comic-Vampire ("Buffy- Im Bann Der Dämonen"), Neogothicvampire ("Underworld") und schon gleich drei Mal nicht mit “Glitzer- Kotz- Würg- Vampiren” ("Twilight"-Saga) zu vergleichen. Hier haben wir eine gierige, instinktgetriebe Art von Vampiren vorliegen, deren Münder ganz verzerrt wirken und in einem abyssalen Abgrund mit verdrehten Zähnen, wie denen eines menschengroßen Blutegels, enden.
Die Qualität der Zeichnungen schwankt aber leider enorm, so haben wir großflächige Bilder, die sich zum Teil über eine ganze Seite erstrecken, welche absolute Kunstwerke darstellen, aber dagegen auch viele geradezu schlecht und schnell gezeichnete kleine Bilder, die gerade bei Szenen verwendet werden, in denen viel passiert.
Codex Vampiri
Wir haben ja schon festgestellt, dass wir es hier mit einer Vampirdarstellung zu tun haben, die an eine Mischung aus Raubtier und klassischem Vampir erinnert. Bei den diversen Vampirdarstellungen scheint es fast unmöglich, noch herauszustechen und etwas Neues zu erschaffen. "30 Days of Night" gelingt dies aber, und der Comic präsentiert uns eine erschreckend bedrohliche Vampirkreation. Denn neben einer stark instinktgesteuerten Blutgier besitzen diese auch Würde und intelligentes Handeln. Romantische Vampirszenen Fehlanzeige, und das ist auch gut so, denn die Literatur hat in der letzten Zeit komplett vergessen, dass Vampire eigentlich untote Raubtiere sind, die sich von Lebenden ernähren und keine gezähmten Schmusefledermäuse sind, die im Licht glitzern. Die Liebe und Lust zu einem echten Vampir muss etwas mit entarteter Nekrophilie zu tun haben und das ist auch gut so!
Handlung (mild Spoiler!)
Die Geschichte spielt in dem Städtchen Burrow in Alaska, welches so weit im Norden, in der Nähe des Polarkreises, liegt, dass dort für 30 Tage lang keine Sonne scheint. Deswegen auch der Titel der Reihe “30 Days Of Night”. In dieser Zeit nutzt eine Gruppe von Vampiren (diese sterben bei Kontakt mit Sonnenlicht, wie jeder richtige Vampir, und fangen nicht an zu glitzern…) die Gunst der Stunde und fällt über die Bewohner von Burrow her. Angeführt werden diese vom Vampir Marlowe.
Jedoch erfährt der Vampirälteste Vicente von dem Plan der eigensinnig handelnden Vampirbande und will diese zum Aufhören bewegen, um das Geheimnis ihrer schieren Existenz vor der Menschheit weiter zu verbergen.
In Burrow kommt es zu einem Gemetzel und die Vampire nähren sich an den Bewohnern. Einige können sich jedoch rechtzeitig in Sicherheit bringen und verstecken sich in der Stadt. Dann wird ihnen klar, dass sie möglicherweise eine Chance im Kampf gegen die Vampire haben, da diese stark durch die niedrigen Temperaturen beeinträchtigt werden. Noch einen Schritt weiter geht der Sherrif der Stadt, der sich sogar Vampirblut spritzt, um deren Stärken zu erlangen und den Kampf gegen die Blutsauger aufnimmt.
Meine Meinung
Zum Schluss noch ein subjektiver Zusatz von mir: leider konnte ich mich mit “30 Days Of Night” nicht anfreunden, obwohl es sich objektiv um ein einwandfreies Produkt handelt. Die Zeichnungen sind auf einem hohen Niveau, die Schwankungen in der Qualität der Bilder störten mich aber gewaltig. Gerade bei der Darstellung der Menschen wird das ganze so abstrakt, das diese oft wie Puppen aussehen oder mit extrem veränderten Proportionen gezeigt werden, um deren Emotionen überdeutlich darzustellen. Die Zeichneungen der Vampire hingegen sind super, und ebenso die Gesamtatmosphäre des Comics. Auch die Blutschwaden, die sich über ganze Seiten ziehen und wie “Explosionen” über das eigentliche Bild gemalt wurden, finde ich genial. Insgesamt finde ich also die Leistungen des Zeichners Ben Templesmith sehr gut, aber nicht in dieser Veröffentlichung. Er sollte sich auf kürzere Comics konzentrieren, in welchen einfach jedes Bild seine volle Aufmerksamkeit bekommen sollte. Dann könnte er ohne weiteres ein Meisterwerk erschaffen, da bin ich mir sicher. Eventuell schafft er dies in seiner neuen Comicreihe “The Squitter”, welche ich in naher Zukunft gerne reviewen möchte. Insgesamt scheint Ben Templesmith sehr begabt darin zu sein, Szenen aus dem Universum von Howard Philips Lovecraft mit Bildern zu beleben.
Als Fan von Vampirgeschichten wie “Bram Stockers Dracula” und “Interview mit einem Vampir” sowie Vampirdarstellungen wie sie in “Buffy: The Vampire Slayer” und “Geisterjäger John Sinclair” vorkommen, sehe ich mit “30 Days Of Night” für mich keine Alternative. Für Leute, die Wert auf ähnliche Faktoren wie ich legen, sei dieser Absatz eine Quelle der Inspiration. Objektiv ist “30 Days Of Night” aber durchaus sehr gut, man muss nur entscheiden, auf welche Faktoren man Wert legt.
Fazit
Düsterer, atmosphärisch intensiver Vampirhorror mit viel Splatter. Der Comic glänzt zudem mit einer abstrakten Zeichentechnik eines überaus talentierten Künstlers, welche aber leider nicht durchgängig ihr ganzes Potential ausschöpft. Story und Charaktere sind Durchschnitt, die Atmosphäre aber Hammer!
“30 Days Of Night” ist seit dem 01.07.2015 bei Cross-Cult verlagsvergriffen. Im Handel sind aber noch einzelne Exemplare zu finden.
Verlag/ Label: Cross-Cult
Autor: Steve Niles
Veröffentlichung: 17.08.2012
Seitenzahl: 360
ISBN: 978-3-86425-041-5
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Webseite: http://www.cross-cult.de/
Webseite 2: Amazon
Webseite 3: http://www.sonypictures.com/movies/30daysofnight/
Copyright Artikelbild: Cross-Cult
-
6/10
-
9/10
-
8/10
-
7/10
-
10/10