A LIFE DIVIDED – Human

Auf ihren ersten Alben ein absoluter Garant für großartige, authentische und erfrischende Songs irgendwo zwischen Rock und Metal mit starkem Elektrobezug, haben A Life Divided mit ihrem letzten Album “The Great Escape” und dem einen oder anderen darauf befindlichen Song schon angedeutet, dass wohl in absehbarer Zeit eine neue, eher pop-rockige Ära anbrechen wird. Davon nicht allzu begeistert, gönne ich meiner langjährigen Lieblingsband trotzdem ihren unerwarteten Erfolg und gehe ohne Erwartungen an ihr neues Album “Human” heran – mal sehen, denke ich mir, vielleicht ist ja der eine oder andere Song für mich dabei. Ansonsten ist das auch okay. Schließlich hatte ich ein paar großartige Jahre. Neugierig bin ich natürlich trotzdem sehr.

So starte ich also Track 1 und musst nach wenigen Sekunden zufrieden lächeln – “Burst” ist A Life Divided in Höchstform: Ein packendes Elektro-Intro, eine dröhnende Rhythmusfraktion mit Eiern, fetzige Riffs, die typische mitreißende Eingängigkeit, die sich durch den ganzen Song zieht, Jürgen am Mikro präsentiert sich mal wieder voller Inbrunst – schon jetzt hat sich “Human” für mich gelohnt.

Mit dem zweiten Track “The Most Beautiful Black” zeigen A Life Divided, dass sie das Schreiben von radiotauglicher Musik zu perfektionieren gelernt haben – das Lied dudelt zwar irgendwie so herum und hat nichts, was man als besonders bezeichnen könnte, aber die Melodie ist schön, frisst sich fest und irgendwie hat das alles hier etwas Authentisches und Angenehmes. Ähnlich geht es weiter mit dem als Single veröffentlichten “Inside Me”, ein einfühlsames, leicht balladeskes Stück mit kraftvollem Refrain, das für mich eine etwas sanftere Version von “Other Side” ist.

Und dann kommt es – “Own Mistake”, der Inbegriff eines A Life Divided-Songs! Rasendes Tempo, störrische Elektrosounds und kreischende Gitarren, Jürgen schreit herum – ich bin begeistert und hab für die nächsten Wochen einen neuen Lieblingssong.

“Right Where I Belong” ist ein stark elektronisches Stück, das Anleihen von “Perpetual” hat, dem Song, den A Life Divided von VNV Nation gecovert haben, aber leider im Charakter viel “dahinplätschernder” ist als besagtes Cover.

Was mir dann wieder richtig gut gefällt ist “Just Nothing”, das wieder etwas härter zur Sache geht und mit packendem Rhythmus, coolen Breaks und supercooler Elektronik im Refrain überzeugt.

Auch “Could You” ist ein cooler Song, auch wenn die Bridge eine Melodie hat, die ich definitiv schon einmal irgendwo gehört habe. Ich liebe es, wie Jürgen in diesem Song mit seiner Stimme spielt: Kühler Sprechgesang in der Strophe, zarte und hohe Töne in der Bridge, typisch Jürgen’sche Inbrust in Refrain und ruhige Besonnenheit in der Stimme im Schlussteil.

Und mit “Drive” präsentieren A Life Divided dann das dritte coole Lied am Stück. Die Strophen sind hier geprägt von der prägnanten Schlagzeugbegleitung und dezenten Elektrosounds, während es in der Bridge und dem Refrain besonders rockig zur Sache geht, und Jürgen geht darauf gesanglich wunderbar ein.

Dann allerdings kommt mit “My Apology” ein kitschiger, weinerlicher und nerviger Song, den ich nach diesem Review vermutlich für immer skippen werde. Wenn er unbedingt drauf musste, hätte er eine Position später besser gepasst, weil das darauffolgende “Believe” wieder ein großartiges Highlight ist und in den Kontext der drei starken Songs vorher viel besser gepasst hätte.
Eigentlich ist “Believe” ein stinknormaler Rocksong – ruhige Strophen, spannungsaufbauende Bridge, kräftiger Refrain – aber dieser hat einfach so eine eingängige, mitreißende, wunderschöne Melodie, dass ich dieses Lied nie nur einmal hören kann, sondern es immer ein paar Mal am Stück durchlaufen lasse.

Vielleicht liegt das auch daran, dass ich “Live Forever” nicht hören will, denn dieses elektropoppige Stück klingt wie ein uninspirierter Lückenfüller und langweilt mich. Sogar Jürgen klingt irgendwie gelangweilt, als er es singt.

“Lay Me Down” ist Kitsch im Quadrat – es ist wie “Angels” von Robbie Williams, bloß mit Synthies statt Klavier und etwas heftigeren E-Gitarren, aber der Charakter ist derselbe: Herzschmerz, Leidenschaft, Pathos. Naja, ich muss kopfschüttelnd grinsen bei dem Lied, aber ich mag “Lay Me Down” irgendwie – ich dreh aber auch das Radio lauter und sing mit, wenn “Angels” läuft.

Mit “Happy End” zeigen sich dann A Life Divided aber nochmal so, wie ich sie eigentlich mag – fetzig, laut, impulsiv und mit coolen Tempowechseln. Wieder batteln sich schmissige Elektrosounds mit ungestümen Riffs, Jürgen ist am Ende wieder Jürgen und alles ist gut – wie passend!

Was sich an A Life Divided kaum verändert hat, das sind ihre Texte – wie üblich und absolut zum Albumtitel passend, greifen sie auch diesmal wieder menschliche und zwischenmenschliche Themen wie Selbstzweifel, Wut, Enttäuschung, und alles, was uns eben bewegt, auf, und wissen sie in wunderschöne Zeilen zu verpacken.

Ich bin wirklich positiv überrascht, dass es sogar sieben Songs sind, die meiner persönlichen Ansicht nach nicht nur gut, sondern richtig geil geworden sind. Die übrigen Stücke akzeptiere ich wohlwollend – ich weiß, dass man Kompromisse eingehen muss, sobald man öffentlichkeitswirksam Musik macht, und Stücke wie “Inside Me” oder “The Most Beautiful Black” sind immerhin schöne Popsongs, die immer noch besser und echter sind als vieles, was sonst so in den Charts herumgeistert und die man wirklich gut hören kann. Vielleicht werden A Life Divided mit solchen Songs den einen oder anderen jungen Menschen dazu bewegen, neue musikalische Wege einzuschlagen – dafür, und weil sie sich doch immer noch zumindest mit einigen Songs treu bleiben, lasse ich sie gerne in diese neue Richtung gehen und bin sogar bereit mitzukommen.

A Life Divided - Inside Me

Verlag/ Label: AFM Records
Veröffentlichungsjahr: 2015

Trackliste:
01 Burst
02 The Most Beautiful Black
03 Inside Me
04 Own Mistake
05 Right Where I Belong
06 Just Nothing
07 Could You
08 Drive
09 My Apology
10 Believe
11 Live Forever
12 Lay Me Down
13 Happy End

Webseite: http://www.a-life-divided.de/
Webseite 2: https://www.facebook.com/alifedivided/
Copyright Artikelbild: AFM Records

  • 60%
    Sound - 60%
  • 90%
    Vocals - 90%
  • 80%
    Texte - 80%
  • 60%
    Intensität - 60%
  • 90%
    Eingängigkeit - 90%
76%

Kurzfassung

A Life Divided gehen deutlich mehr in Richtung Poprock, aber bleiben emotional und mitreißend.

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