HAJIME ISAYAMA – Attack On Titan: Band 1

Heute liegt mir ein weiteres Meisterwerk aus Nippon (Japan) vor, das ich euch, meine geneigten Leser, nun vorstellen darf: “Attack on Titan”, auch bekannt als “Shingeki No Kyojin”, dem japanischen Originaltitel. Schon seit langem bin ich ein Riesenfan der kolossalen, gigantisch guten Reihe und kenne die erste Staffel der Animeserie in- und auswendig. Heute sehen wir, ob die Mangavorlage auch dieses unheimlich hohe Niveau halten kann oder ob diese sogar noch titanischer ist.

Ein Hauch von nordischer Mythologie

“Attack On Titan” zeigt uns eine typisch mittelalterliche Welt. Groß ausgedehnte, ausgiebig bewirtschaftete Felder, Mühlen, die das frische Korn mahlen und viele eifrig umherwuselnde Bauern und Tagelöhner, die ihren Lehnsherren treue Dienste leisten. Und das Ganze vor einer gigantischen, 50 Meter hohen Burgmauer, die sich über mehrere tausend Kilometer erstreckt. Äh, Moment mal, was für ein Ding? Welchen Grund sollte so ein brobdingnagisches Bauwerk haben? Den Grund dafür erfahren wir sehr schnell: Riesen! Denn dieses beschauliche Leben, das die Menschen führen, wird stark bedroht von gewaltigen humanoiden Riesen, welche Jagd auf die Menschen machen und diese auffressen. Einzigen Schutz bietet eben jene erwähnte Mauer gigantischen Ausmaßes. Und woher kennen wir das? “Game of Thrones”! Nein, Moment, das mein ich jetzt eigentlich gar nicht. 🙂 Beide Geschichten haben sich der nordisch-germanischen Mythologie bedient, denn auch dort suchen die Götter (Asen) Schutz hinter den unüberwindbaren Mauern von Asgard vor der Bedrohung in Form von Riesen.

Handlung (Spoiler!)

Alle Menschen dieser Welt leben in einer einzigen Stadt. Doch diese Stadt hat in etwa die doppelten Ausmaße ganz Deutschlands. Und diese Stadt (ein Name wird nicht genannt) ist der einzige sichere Rückzugsort der Menschheit. Denn außerhalb lauert Gefahr in Form von menschenfressenden Riesen. Doch nach Jahren des Friedens sind die Menschen nachlässig und unbekümmert geworden, so dass viele die Bedrohung nur noch für einen Mythos halten. Umso härter trifft es diese, als wirklich eine riesige Armee von Riesen angreift und katastrophalen Blutzoll unter der Bevölkerung fordert. Die Stadt ist aber so aufgebaut, dass Verluste bewusst kalkuliert werden um die anderen, “wertvolleren” Menschen zu schützen. Die Stadt gliedert sich in drei immer größer werdende Ringe, wobei in der Mitte die Aristokratie angesiedelt ist und in den beiden äußeren Ringen die normale Stadtbevölkerung und die Bauern. Die Ringe werden von innen nach außen anhand der Mauern, die sie umgeben, mit Sina, Rose und Maria bezeichnet. Zusätzlich befinden sich außerhalb der großen Ringe weitere kleinere Ringe, die bewusst dort platziert wurden, um bei einem Angriff zuerst zu fallen und somit die wichtigeren Stadtteile zu schützen. Ein extrem pragmatischer Stadtaufbau also, bei dem bewusst Menschen als Köder ausgesetzt werden. Und das ist auch ein Grundpfeiler der Regierung, denn jeder Bewohner muss unbedingt seinen Beitrag leisten, ansonsten wird er gnadenlos aussortiert. Ein zentraler Bestandteil ist auch die Wehrpflicht, denn jeder Jugendliche wird ins Militär eingezogen. Eine Militärlaufbahn ist auch die einzige Chance, seinen Sozialstatus zu verbessern und in andere Stadtteile aufzusteigen, beispielsweise als Leibwächter von Adeligen. Diese Ehre und Chance wird aber nur den Besten eines jeden Jahrgangs zu Teil. Erschwerend kommt hinzu, dass die mörderische Ausbildung nur ein Bruchteil der Rekruten überlebt, denn zur Ausbildung gehören auch Außeneinsätze in der Wildnis, wo die Riesen lauern.

In dieser mehr als gnadenlosen Welt ist der Hauptcharakter Eren Jäger als Sohn eines Wissenschaftlers mehr als unzufrieden mit seiner Situation. Obwohl sie eine anerkannte Familie sind, leben sie trotzdem in Armut und kommen geradeso zurecht. Aber in ihrem Viertel, welches in einer dieser “Opferstadtteile” am Rand der Stadt liegt, herrscht großflächig große Armut und die meisten Bewohner leben unter dem Existenzminimum. Eren Jäger sieht nicht ein, dass sich die Menschheit nicht gegen die Riesenbedrohung zur Wehr setzt und nur auf ihre Auslöschung wartet. Er himmelt den sog. “Aufklärungstrupp” an, deren Anführer wahre Legenden sind, und deren Mut in der ganzen Stadt bekannt ist. Was er aber ignoriert, ist die Tatsache, dass bei ziemlich jedem Einsatz des Aufklärungstrupps nahezu alle Mitglieder auf brutale Art und Weise sterben und jede Außenexpedition einem Himmelfahrtskommando gleicht.

Anspielungen ohne Ende, eine Flut an Ideen, ein Meisterwerk entsteht (Spoiler!)

An Ideenreichtum mangelt es “Attack On Titan” auf jeden Fall nicht! Wir sehen so viele neue Gegenstände, Verhaltensweisen, Strategien, Neuerfindungen bereits bestehender Elemente; ich kann gar nicht aufhören davon zu schwärmen. Wenn “Attack On Titan” diese Entwicklung so fortsetzen kann (die Serie läuft noch, ein Ende ist nicht in Sicht), wird es definitiv Manga- und Animegeschichte schreiben. Na ja, ehrlich gesagt hat es das ja schon. Aber dann eben noch mehr 🙂

Nun zu den Beispielen: Das Militär in “Attack On Titan” ist eine der wichtigsten Stützen der Menschheit, denn diese bewahren sie vor der Auslöschung durch die Riesen. Das Militär ist in mehrere Einheiten aufgeteilt, und zwar der Aufklärungstrupp, welcher die Welt der Riesen auskundschaftet, die Mauerngarnison, welche die Sicherheit der Stadt gewährleistet und die Mauern bemannt und dann gibt es noch die Militärpolizei, die als Wächter des Adels im Innersten der Stadt und als innere Sicherheit agieren. Das Militär hat in “Shingeki No Kyojin” eigens gestaltete Uniformen, Grüße, Haltungen und Waffen, welche keine Ähnlichkeit zu anderen Veröffentlichungen oder der Wirklichkeit aufweisen. Alles wurde perfekt an diese Welt angepasst, auch der Kampf gegen die Riesen wurde perfekt ausgearbeitet. Die Soldaten benutzen hier ein System namens “3D-Manöver-Ausrüstung”, mit dem sich die Soldaten blitzschnell mittels Drahtseilen durch die Luft katapultieren können und somit auch die Riesen bekämpfen. Am Ehesten kann man sich das wie die Bewegungen von Spiderman vorstellen, der stets neue Spinnenseile “absondert” und an die Wände schießt.

Aber auch Kleinigkeiten wie die “genormten” Standardbrote, die in der Stadt als Hauptnahrungsmittel gereicht werden, sollen hier erwähnt werden; alles wurde von vorne bis hinten so genial durchdacht, wie ich es selten erlebt habe. Der Mangaka Hajime Isajama hat hier wirklich ein Meisterwerk erschaffen.

Die Charaktere (Spoiler!)

Die Charaktere von “Attack On Titan” sind ebenfalls extrem gut ausgearbeitet und haben alle sehr unterschiedliche Aufgaben in der Geschichte. Prinzipiell finden wir auch einige Archetypen vor, aber auch ganz neue Ideen zu Charakteren sowie deren Einstellungen und Marotten. Zudem gibt es in “Attack On Titan” eine ganze Reihe von Chars, die eine wichtige Rolle spielen, so dass die Handlungsstränge sehr komplex sind. Da die Geschichte aber auch alles andere als unblutig verläuft und das Szenario von “Attack On Titan” stets die Gefahr zu Sterben bereithält, muss man sich immer auch wieder von der ein oder anderen geliebten Figur verabschieden. Auch diese Dramatik verwaltet der Autor Hajime Isajama perfekt. Die unglaubliche Spannung ist ein zentrales Element von “Shingeki No Kyojin” und selbst hinter den gigantischen Mauern lauert stetig Gefahr.

Protagonist ist der junge, idealistische Eren Jäger, der stets eine Änderung der Situation anstrebt und sich mit dem Unglück, in dem alle leben, nicht zufrieden geben will. Nach dem Tod seiner Mutter durch die Riesen, hält ihn schließlich nichts mehr und er lässt seinem Hass freien Lauf.

Ohne seine beste Freundin Mikasa Ackermann, die ihn des Öfteren aus brenzligen Situationen herausholt, wäre der Hitzkopf Eren Jäger schon längst gestorben. Sie ist eine ruhige, in sich gekehrte Persönlichkeit und ein Ausnahmetalent beim Militär und im Kampf gegen die Titanen.

Der schüchterne und hochintelligente Armin ist ein weiterer sehr guter Freund von Eren Jäger, und das auch bereits seit vielen Jahren. Die beiden ergänzen sich perfekt, denn die Schwächen des einen, sind die Talente des anderen. Durch Logik und Besinnung hilft auch Armin Eren Jäger oft aus der Patsche.

Es gibt noch eine Vielzahl an weiteren Charakteren, da diese jedoch hauptsächlich in späteren Bänden vorkommen, werde ich diese, wenn ich die Chance dazu bekomme, in späteren Rezensionen vorstellen.

Die Japaner als Fans der deutschen Mythologie

So wie wir Fans der eigenen Geschichte und Mythologie (Ritter, Nordische Sagen etc.) sind, aber auch sowohl die alte (Samurai etc.) als auch die neue (Anime, Manga etc.) Kultur der Japaner wertschätzen, so ist es andersherum genauso bei den Japanern. Diese halten ihre eigene Geschichte und Kultur sehr hoch und diese wird permanent in neuen Medien aufgearbeitet und neu erfunden. Aber die Japaner stehen auch auf das europäische Mittelalter mit seinen Sagen und Geschichten (Jeanne d‘Arc, Artussage etc.) und die nordisch-germanische Mythologie, die in vielen Anime, Mangas und Videospielen (z.B. “Odins Sphere”, “Valkyria Chronicles”, “Angel Sanctuary” usw.) verarbeitet wird. “Attack On Titan” hat auch viele Anspielungen darauf, nicht nur das Grundszenario mit den Riesen und der einzigen gigantischen Stadt, nein auch z.B., dass sehr viele Namen von Charakteren deutsche Wurzeln haben (Jäger, Ackermann, Rainer usw.). Auch der erste Titelsong der Animeserie enthält deutsche Wörter, der zweite ist sogar komplett auf Deutsch gesungen.

Zeichnungen

Die Zeichnungen von “Attack On Titan” sind gut und stimmungsvoll. Die Charaktere werden gut dargestellt, es gibt in anderen Mangas aber deutlich bessere Zeichnungen. Der Unterschied in der Darstellung und Zeichnung von Menschen und Riesen erinnert an die Zeichenart des Mangas “Terra Formars”, den ich auch rezensiert habe. Wobei hier aber mit Sicherheit “Terraformars” von “Attack On Titan” abgeschaut hat. Die Riesen werden auch unterschiedlich dargestellt, dazu komme ich aber in den Rezensionen zu späteren Bänden. So viel sei aber gesagt: die Darstellung der Riesen ist gewaltig, diese werden extrem stimmungsvoll und bedrohlich dargestellt, so dass sich sogar der Leser außerhalb des Geschehens und eigentlich in Sicherheit, von diesen geängstigt fühlt. Das Design der Riesen und deren Darstellung gehört definitiv zu dem Besten, was ich je in einem Medium sehen durfte. Auch sehr gut ist die Darstellung der Stadt mit ihren mittelalterlichen Gebäuden und den gigantischen Mauern. Auch, dass diese planmäßig konzipiert wurden um die Straßen im Kampf gegen die Titanen zu nutzen oder z.B. um Demonstrationen und Versammlungen der Bevölkerung zu unterbinden, sieht man genau.

Ich muss mich zurückhalten

Ehrlich gesagt will ich zu diesem Außnahmemanga noch viel mehr schreiben, muss mich jetzt allerdings zurückhalten, um nicht noch mehr vorzugreifen und euch zu spoilern. Ich werde dies, wenn ich die Möglichkeit bekomme, aber definitiv in zukünftigen Rezensionen nachholen.

Was ich euch aber unbedingt auch ans Herz legen möchte, ist die Animeserie zu “Shingeki No Kyojin”. Diese ist eine der wenigen Ausnahmen, in welcher die Filmumsetzung sogar noch besser als das Original ist. Sie erscheint zwar erst noch in Deutschland, aber seid auf jeden Fall mal darauf gespannt, denn sie wird euch von den Socken hauen! Der Hype um “Attack On Titan” wird spätestens dann auch Europa erreichen. Für den Sommer 2015 ist in Japan sogar das Erscheinen einer Realverfilmung in zwei Teilen geplant. Ich bin gespannt!

Verarbeitung des Mangas

Leider finden wir auch hier nur die typische Mangaerscheinung im Taschenbuchformat. Dieses Werk hätte definitiv mehr verdient. Zwischen den einzelnen Kapiteln finden wir im Manga immer wieder Infoseiten mit Hintergrundinformationen zur Stadt, dem Staatssystem sowie verschiedenen Erfindungen und Techniken.

Fazit

Ausnahmemanga der Extraklasse!

Verlag/ Label: Carlsen
Autor: Hajime Isayama
Veröffentlichung: 18.03.2014
Seitenzahl: 192
ISBN: 978-3-551-74233-9
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Webseite: http://www.carlsen.de
Webseite 2: http://attack-on-titan.de/
Copyright Artikelbild: Carlsen

  • 10/10
    Handlung - 10/10
  • 10/10
    Intensität und Atmosphäre - 10/10
  • 8/10
    Grafische Ausarbeitung - 8/10
  • 8/10
    Charaktere - 8/10
  • 10/10
    Spannung - 10/10
  • 7/10
    Druckqualität und Haptik - 7/10
8.8/10

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