TSUTOMU NIHEI – ABARA: Band 1

Sofort nach dem Aufschlagen des Mangas “ABARA” wird man in eine extrem verstörende Zukunftsvision geworfen und kann erstmal gar nicht fassen, wie gut es ”ABARA” schon nach wenigen Seiten gelingt, einen in diese Welt hineinzuziehen. Wir sehen gigantomanische und verfallene Gebäudekomplexe, eine offensichtlich zerstörte Atmosphäre, Stahl und Schrott wohin das Auge blickt und das alles in diesem düsteren, aggressiv schraffierten Zeichenstil, für den Tsutomu Nihei bekannt ist. Schon nach kurzer Zeit sehen wir eine hoffnungslos überfülle Krankenstation, in der die Menschen haufenweise in den Ecken liegen, sicher eine Vielzahl davon schon längst verstorben. Der Gesichtsausdruck der Menschen spricht Bände: schwarze, leere Augen sitzen in verdreckten, hageren Köpfen ohne Mimik.

Ein Mann betritt die Krankenstation, sein Blick panikverzerrt, und sucht um Hilfe (nicht, dass er eine Chance hätte, die Wartezeiten betragen ganze zwei Wochen….). Plötzlich jedoch platzen aus seinem Körper gewaltige Knochen und Dornen heraus und füllen den ganzen Raum und hinterlassen ein Gewirr aus zerstückelten Gedärmen.

Anschließend verwandelt sich dieses Fleisch- und Knochengewirr in ein großes Monster, eine Art Necromorph (ich weiß, ich entlehne gerade diesen Begriff der “Deadspace”-Franchise, aber er passt einfach perfekt) und fliegt durch die Stadt. Dann erscheint plötzlich eine Art humanoide Wesenheit mit schwarzen Stacheln um ihren Körper, der zusätzlich mit einer Art Knochenplatten besetzt ist, und mit übermenschlichen Kräften greift dieser das Monster an und zerstückelt es in einer surrealen Orgie der Gewalt.

Handlung (Spoiler!)

Na ja, viel spoilern kann man hier jetzt echt nicht, denn die Handlung von ”ABARA” kann man nur schwer beschreiben. Viel passiert ja nun nicht und wenn ich auf diesen Manga die normalen Bewertungsmaßstäbe für die Handlung ansetzen müsste, würde ich diesen hart abstrafen müssen. Aber ich sehe ”ABARA” eher als eine Art Kunstwerk, das gezielt mehr Eindrücke und Gefühle transportiert, als eine Geschichte zu erzählen.

Ich versuche mich nun an eine Interpretation der Handlung, ich übernehme aber dafür keine Gewähr, da im Manga einfach zu wenige Informationen hierzu gegeben werden.

In einer dreckigen Zukunft experimentiert die vom Staat gedeckte Kegen-Abteilung auf biotechnologischem Weg, nahezu unbesiegbare Monster zu erschaffen, welche getarnt als Menschen auch verdeckt agieren können. Die Experimente erreichen aber nicht die gewünschten Resultate und die Kreaturen, die so genannten “Gaunas”, sind unbeherrschbar und richten einiges Chaos an, das von der Polizei nicht unbemerkt bleibt. Ein Kommissar (oder auch Detektiv oder ähnliches) ist besonders an einer Aufklärung interessiert und ignoriert seine eigentlichen Befugnisse und legt sich mit der Kegen-Abteilung an.

Die Kreaturen werden in weiße Gaunas (große Necromorphs, die Menschenmassen fressen, um zu wachsen) und schwarze Gaunas (Menschen mit Superkräften und einem Knochenpanzer) eingeteilt. Soweit man dies erkennt, töten die schwarzen Gaunas die weißen, aber von gut und böse kann hier nicht die Rede sein, es erschließt sich einfach nicht, wer hier auf welcher Seite steht.

Doch was immer deutlicher wird, ist, dass die Gefahr in Form der weißen Gaunas immer größer wird und dass sie trotz diverser Versuche der Kegen-Abteilung, diese aufzuhalten, immer mehr Menschen auffressen. Die Einzigen, die diese aufhalten können, sind die schwarzen Gaunas, aber diese sind unkontrollierbar und haben ihre eigene Motivation.

Verarbeitung

Ein Manga im Standard Format (Taschenbuch). Das ist einigermaßen ok, aber wird diesen Werken nicht gerecht. Eine hochwertigere Aufmachung, mit einem größeren Format und Hardcover, hätte ich mir hier gewünscht.

Charaktere

Die Charaktere sind eher Nebensache in “ABARA”. Innovativ sind diese auch nicht besonders, man bedient sich hier eher an Archetypen. Nur vier Charaktere stechen hervor und bringen etwas Handlung ins Spiel. Der Kommissar, ein alter Mann, der offensichtlich einer der Anführer der Kegen-Abteilung ist, eine mysteriöse Frau, ebenfalls bei der Kegen-Abteilung und eine Art Medium, das von der Kegen-Abteilung zum Aufspüren der Gaunas genutzt wird.

Die Darstellung der Kegen-Abteilung wirkt sehr düster und ist defintiv gelungen. Sie kleiden sich in dicke Ledermäntel, aus denen Schläuche und Ähnliches herausragen. Manche tragen Helme mit Gasmasken. Bei den Mitgliedern, bei denen man aber das Gesicht sieht, erkennt man, dass sie ganz elend aussehen und zum Teil von Krankheit zerfressen sind. Science Fiction Kenner werden eindeutige Ähnlichkeiten zum absolut genialen Design des Hauses der Harkonnen im SciFi Epos “Dune” (Verfilmung von 1984) erkennen.

Die Minireihe “ABARA” erscheint übrigens in zwei Bänden und ist als Prolog der Reihe “Knights of Sidonia” zu verstehen. Jetzt möchte ich unbedingt wissen, wie die Geschichte weitergeht und ob sich zusammen mit dem zweiten Teil von “ABARA” oder der Folgereihe “Knights of Sidonia” ein klareres Gesamtbild der Handlung ergibt. Denn trotz einigen kleinen Schwächen, steckt verdammt viel Potential in “ABARA”!

Fazit

Postapokalyptisches Cyberpunk Kunstwerk mit Horror und Splatter Elementen. Leider bleiben Handlung und Charakterausarbeitung etwas auf der Strecke.

Der Manga “ABARA” ist nicht ganz einfach zu bewerten. Ehrlich gesagt habe ich im Vorfeld von diesem Werk auch nie etwas gehört, obwohl mich das Genre (Dark Cyberpunk) eigentlich total anspricht. Der Mangaka Tsutomu Nihei sollte einem aber als Otaku ein Begriff sein, denn die bekannte Mangareihe “BLAME!” zählt zu seinen Werken.

Verlag/ Label: Egmont Verlagsgesellschaften
Autor: Tsutomu Nihei
Veröffentlichung: 08.11.2010
Seitenzahl: 208
ISBN: 9783-7704-7390-8
Altersfreigabe: ab 18 Jahren
Webseite: http://www.manganet.de
Copyright Artikelbild: Egmont Verlagsgesellschaften

  • 6/10
    Handlung - 6/10
  • 9/10
    Intensität und Atmosphäre - 9/10
  • 9/10
    Graphische Ausarbeitung - 9/10
  • 5/10
    Charaktere - 5/10
  • 7/10
    Druckqualität und Haptik - 7/10
7.2/10

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