Bis vor kurzem wusste ich gar nicht, dass der Film “Suicide Circle” von Shion Sono eine Verfilmung eines Mangas ist. Da ich den Film sehr gerne mag, da er ein äußerst ungewöhnlicher Horrorfilm mit ernstem Hintergrund ist, musste ich mich natürlich sofort auf den Ursprung in Form des Mangas “Der Selbstmordclub” stürzen. Beide Produkte sind jedoch sehr unterschiedlich und legen auch andere Schwerpunkte. Lasst mich euch dies genauer erläutern:
Story im Manga
Provokanter und aggressiver könnte ein Werk nicht beginnen: Eine Gruppe von 54 Schülerinnen wirft sich an einem Bahnhof vor einen einfahrenden Zug…Zurück bleibt ein gewaltiger Schlamassel aus Gliedmaßen und Gedärmen… So der Auftakt des Mangas “Der Selbstmordclub” von Usamaru Furuya. Kein Wunder, dass man auf der ersten Seite mit dem Hinweis “Manche Szenen können Anstoß erregen” vorgewarnt wird. Als Kenner des Films wusste ich aber ohnehin, was auf mich zukommt: Absolut keine leichte Kost, und das sollte auch potentiellen Interessenten vor dem Kauf klar sein.
Einzige Überlebende ist ein Mädchen namens Saya Koda. Doch Saya ist ganz und gar nicht glücklich darüber, überlebt zu haben, da sie dem Leben schon lange nichts mehr abgewinnen kann. Ihr beste Freundin Kyoko muss schon seit Jahren mit ansehen, wie ihre 16-Jährige Freundin sich immer weiter selbst zerstört. Neben Selbstverstümmelung ist auch Prostitution ein Thema, mit dem sie schon im Alter von 14 Jahren begann.
Sayas ungewöhnliches Verhalten findet aber nicht nur Ablehnung, sondern auch viele Nachahmer, die sie zunächst als Vorbild, später sogar als eine Art Heilige sehen, die mit ihnen den Schmerz teilt. Saya zieht alle um sich herum in einen Strudel des Abgrunds und ein Ende in Form eines weiteren Massenselbstmords scheint in Sicht. Ihre Freundin Kyoko versucht währenddessen, die Hintergründe von Sayas Wandel zu verstehen und stößt dabei auf die Geschichte des Mädchens, das den Selbstmordclub gründete, bei dem Saya Mitglied war und als einzige Überlebende den Massenselbstmord am Bahnhof überlebte. Dieses Mädchen hieß Mitsuko und aus irgendeinem Grund scheint sie auf Saya “übergegangen” zu sein…
Manga vs. Film
Beide Werke haben etwas für sich, im Nachhinein gesehen würde ich mich aber eindeutig für den Film “Suicide Circle” als das bessere Produkt entscheiden. Der Film ist einfach viel abgedrehter und besitzt mehr Horrorelemente. Die Figuren sind bei beiden Medien sehr verschieden und dadurch entwickelt sich auch eine komplett unterschiedliche Handlung. Während der Film Elemente aus einer freakigen Popkultur einbindet, greift der Manga schwierige Themen wie Sektentum und Kinderprostitution auf. Dadurch wirkt dieser aber auch ernster, seriöser und vor allem schwieriger zu verdauen, gerade wegen den Darstellungen in den Bereichen Sexualität und Gewalt. Der Mangaka Usamaru Furuya übertreibt es hier nicht, da vieles nur angedeutet wird, aber als Leser, mit einem Blick auf das Gesamtbild, wird man trotzdem in den Schrecken hineingezogen. Der Manga vermittelt auch keine Lösung oder eine Lehre, er wirkt eher wie eine Fahrt in die Abgründe der menschlichen Seele.
Zeichnungen
Usamaru Furuya zeigt in seinem Werk “Der Selbstmordclub” großes Talent bei der Darstellung der Charaktere, besonders bei den Gesichtern und der damit verbundenen Mimik. Die Hintergründe wirken eher rudimentär ausgearbeitet, dadurch konzentriert der Mangaka aber den Fokus auf die handelnden Figuren. Mit seinen Bildern gelingt es ihm sehr deutlich, die unangenehme Stimmung aufzubauen, die im Manga allgegenwärtig ist.
Die Verarbeitung des Manga
Ein ungewöhnliches Format, das minimal breiter als der “Durchschnittsmanga” ist. Papier- und Druckqualität sind gut. Insgesamt ergibt sich ein gutes Bild, aber man hätte bei der Präsentation mehr herausholen können. Aber wie so oft bei Mangas, wurde das vernachlässigt.
Mehr vom Autor Usamaru Furuya
Werke von Usamaru Furuya sind mit Vorsicht zu genießen. Der Mangaka scheut nicht davor zurück, euch mit erschreckenden Themen und deren genauer graphischer Ausgestaltung zu konfrontieren. Glaubt mir, der Manga “Der Selbstmordclub” zählt noch zu seinen vergleichsweise harmloseren Werken. Wer also Zweifel hat, lieber die Finger davon lassen.
Fazit
Ein schwieriges Thema, das sicher nicht für jeden Leser geeignet ist. Usamaru Furuya hinterlässt ein dumpfes Gefühl in der Magengrube und dunkle Flecken auf der Seele. Er schafft es, eine ungeheuer unangenehme Stimmung aufzubauen, doch ob man so etwas lesen will, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Verlag/ Label: Schreiber & Leser Verlag
Autor: Usamaru Furuya
Veröffentlichung: 31.03.2007
Seitenzahl: 176
ISBN: 978-3-937102-53-5
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Webseite: http://www.schreiberundleser.de
Copyright Artikelbild: Schreiber & Leser Verlag
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