Penny Dreadful Staffel 1

Dr. Frankenstein, Dracula, Jack the Ripper, Dorian Grey und Buffalo Bill Cody in einer Serie vereint? Klingt nach ziemlichem Quatsch. Derartige Crossover-Experimente klappen vielleicht bei Superheldenfilmen, doch Horrorlegenden des viktorianischen Zeitalters unter einen Hut zu bringen, hört sich nach einer unmöglichen Herausforderung an. Umso mehr staunte ich, dass die Serie “Penny Dreadful” genau dies schafft, und auch noch dermaßen meisterhaft, dass ich zu ihrem größten Fan geworden bin!

Beginn der Handlung

Der Edelmann Sir Malcom Murray (der verdächtig an den Abenteurer Allan Quatermain, der Romanfigur des Schriftstellers Henry Rider Haggard, erinnert) steht vor einem furchtbaren Problem: Seine Tochter Mina wurde von einer unbekannten Kreatur mit einer mysteriösen Krankheit infiziert und entführt und er versucht sie mit allen Mitteln zurückzuholen. Dazu benutzt er die Jugendfreundin seiner Tochter, Vanessa Ives (gespielt von Eva Green), die jedoch von ganz anderen bösen Mächten beherrscht wird. Um auch für den bevorstehenden Kampf gewappnet zu sein, heuern sie den Amerikaner Ethan Chandler (eigentlich Buffalo Bill Cody) bei einer seiner Europatouren an, als er gerade seine bekannte “Wild West Show” aufführt. Zusammen mit Mr. Chandler und dem schweigsamen Sembene (Romanvorlage ist vermutlich der Afrikaner Umslopogaas, Allan Quatermains Gefährte) gelangen Mrs. Ives und Sir Malcom in den Hort des Bösen und werden von der schieren Macht ihres Gegners mehr als überrascht…

Was ist eine Penny Dreadful

Die Serie geht hier etwas hart mit sich selbst ins Gericht, denn Penny Dreadfuls sind eigentlich Groschenromane, die tatsächlich im viktorianischen Zeitalter für wenig Geld verkauft wurden und genau diese Art von Geschichten, in denen bekannte Gruselfiguren auftauchen, behandelten, doch mit sehr wahrscheinlich deutlich geringerer Qualität als die Serie “Penny Dreadful”, die wir heute vor uns liegen haben. Eine Penny Dreaful ist also eine bedrohliche Geschichte für nen Penny ^^

Verdammt gelungener Mix (mild Spoiler)

All diese verschiedenen Geschichten sinnvoll unter einen Hut zu bringen, scheint aussichtslos. Versuche gab es schon zuhauf. Oft versuchten diese erst gar nicht, eine gewisse Würde zu wahren und wollten einfach nur B-Movie-Horror-Streifen abliefern. Die Mumie und Frankenstein gegen Inspektor Abberline oder so was in der Art 🙂

Aber “Penny Dreadful” geht hier mit viel Verstand und einem offensichtlich hohen Budget an die Sache heran und liefert uns eine Ausnahmeserie der Extraklasse. Nicht nur die schauspielerische Leistung beinahe jeder Rolle überzeugt, auch die Umgebungen, die detailgetreu umgesetzt wurden und auch die CGI-Effekte, die derart gelungen sind, dass diese kaum oder meist gar nicht zu bemerken sind. Denn die besten Spezialeffekte sind die, die man nicht erkennt. Aber auch komplette Handlungen ineinander zu verstricken und nicht nur die Charaktere, gelingt “Penny Dreadful” meisterhaft und das ist die eigentliche große Leistung der Serie und natürlich deren Autoren (großes Lob an den Autor John Logan!). Beispielsweise schafft es der junge Dr. Frankenstein (aus Mary Shelleys Frankenstein) auch in der Serie einen Toten, zusammengesetzt aus diversen Leichnahmen, wieder zum Leben bzw. Unleben zu erwecken. Die Handlung läuft zunächst parallel weiter, bis sie mit anderen Handlungssträngen aufeinander trifft und Dr. Victor Frankenstein von Sir Malcom Murray als Wissenschaftler angeheuert wird und im Zuge der Untersuchungen um des Verschwindens von Sir Malcoms Tochter Mina auf Prof. Abraham van Helsing trifft, der ja eigentlich in der Geschichte “Bram Stokers Dracula” beheimatet ist.

Erliegt Mrs. Ives (Eva Green) den Einflüsterungen des geheimnisvollen Dorian Gray (Reeve Carney)?

Schauspieler der A-Klasse (mild Spoiler)

Allen voran ist der Auftritt der äußerst interessanten und extrem talentierten Schauspielerin Eva Green anzumerken, die hier ihre absolute Höchstleistung abliefert. Ich möchte nicht zuviel verraten, aber die Bessenheitsszenen wirken unglaublich; nicht mal im Film “Der Exorzist” bekommt man eine derartige Leistung zu sehen. Ich hoffe, dass diese Leistung bei den Preisverleihungen gewürdigt wird, denn Eva Green hat hier wirklich beste Kunst abgeliefert. Aus der Versenkung ist ein anderer prominenter Schauspieler aufgetaucht, und zwar niemand geringeres als der Teenie-Star Josh Hartnett, der den Draufgänger Ethan Chandler mimt und das mit einer nie zuvor dagewesenen Reife. Denn Josh Hartnett ist kaum wieder zu erkennen und sichtbar zum Mann gereift. Direkt freue ich mich auf weitere Film- und Serienprojekte von einem Schauspieler, den ich früher überhaupt nicht ausstehen konnte. Großmeister Timothy Dalton spielt den ehemaligen Abenteurer Sir Malcom Murray ebenfalls mit einer äußerst gelungenen Performance. Der Mann, der über Leichen geht um seine Ziele zu erreichen, schwankt in der ganzen Staffel zwischen sympathisch und “Arsch”, verliert jedoch nie sein angeborenes Charisma. Die Joker aber sind die recht unbekannten Schauspieler Reeve Carney (Rolle des Dorian Gray aus Oskar Wildes “Das Bildnis des Dorian Grey”) und Harry Treadaway (Dr. Victor Frankenstein), die zuerst ungewohnt aufgrund ihrer schwerwiegenden Rollen wirken, diese dann aber sehr schnell mit einem neuartigen Charme ausfüllen, dessen Präzision den Zuschauer direkt trifft und nicht mehr loslässt.

Josh Hartnett, kaum wieder zu erkennen in der Rolle des Gunslingers Ethan Hawk.

Nacktheit und Gewalt

Wie so oft in modernen Serien sind sowohl hohe Gewalt als auch viel Sex integrale Bestandteile. “Penny Dreadful” geht hier aber nicht so weit wie Serien wie “Spartacus” oder “Game Of Thrones”. Die Handlung mitsamt der charismatischen Charakterliga bleibt im Fokus, Gewalt und Erotik sind eher schmückendes Beiwerk. Interessant ist aber die Genrebezeichnung von “Penny Dreadful” als psychosexuelle Horror-Serie. Psychosexualität beschreibt, dass der sexuelle Akt nicht nur auf körperlichem, sondern auch im psychischen Raum stattfindet. Welche Auswirkungen das haben kann, und besonders wie sich der Horroraspekt hierbei auswirkt, sehen wir sehr deutlich in “Penny Dreadful”.

Staffel 2

Was mich extrem freute zu hören war, dass Produzent Showtime bereits mitten in der Produktion einer 2. Staffel ist und diese bereits am 03. Mai 2015 in den USA auf Sendung geht. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen und will unbedingt wissen wie es weitergeht, denn am Ende von Staffel 1 erwartet uns – wie so oft – ein Cliffhanger.

Fazit

Absoluter Geheimtipp, den sogar ich nicht kommen sah. Jeder Fan klassischer Literatur des viktorianischen Zeitalters, jeder Liebhaber des klassischen Grusels und jeder mit Hunger auf Serien mit Anspruch ist hier bestens aufgehoben!

Penny Dreadful – Trailer zur Staffel 1