Bevor es transportable Fotoapparate gab, waren Biologen und Naturforscher gezwungen ihre Ergebnisse und Entdeckungen in anderer Form aufs Papier zu bannen. So blieb ihnen nichts Anderes übrig als die verschiedenen Lebewesen zu malen bzw. von erfahrenen Künstlern zeichnen zu lassen. Was dabei entstand sind ganze Bibliotheken voller Meisterwerk der Kunst. Viele von uns kennen sie, die Bücher, in denen Tiere und Pflanzen bis ins letzte Detail zeichnerisch dargestellt werden und nahezu echt aussehen. Was macht man aber, wenn man in mitten des 19. Jahrhunderts die Lebewesen der Tiefsee erforschen und die Ergebnisse festhalten wollte? Das Ergebnis und der Aufwand ließen mich absolut sprachlos zurück:
Die HMS Challenger Expedition
Unter der Führung von Sir George Nares und Charles Wyville Thomson brach im Jahre 1872 die legendäre HMS Challenger auf, um in der sog. “Challenger-Expediton“ die Meere zu erkunden. Die Expedition, die bis zum Jahr 1876 lief, führte Schiff und Crew um die ganze Erde. Dabei galt es vor allem die Tiefsee zu erforschen. So wurde während dieser Expedition auch der tiefste Punkt des Meeres, der Mariannengraben, gefunden und ausgelotet.
Ernst Haeckel und die Autoren des Buches
An Bord der HMS Challenger befand sich auch der Forscher, Zoologe, Philosoph und Künstler Ernst Haeckel, der unter anderem auf dieser Expedition weit über 4000 entdeckten Arten von Lebewesen wissenschaftlich beschrieb, katalogisierte und zeichnete. Die Ergebnisse hielt Haeckel in drei wissenschaftlichen Berichten fest. Diese enthalten Bildtafeln, auf denen der Deutsche Ernst Haeckel die gezeichneten Tierarten, also vor allem Quallen (ja, die Crew war tatsächlich Quallenfischen ^^), Plankton und Strahlentierchen aus der Tiefe des Meeres, zeichnerisch festhielt. Das Ergebnis ist einfach unfassbar, zeichnete Ernst Haeckel die Lebewesen doch in einer unglaublich detaillierten und exakten Weise. Dabei wurden die Lebewesen auch in vergrößerter Form dargestellt, da viele von diesen einfach mikroskopisch klein sind. So wunderte es mich nicht im Geringsten, dass Ernst Haeckel, von dem ich zuvor leider noch nie etwas gehört hatte, als großer Wissenschaftler und Künstler zählt, dessen Werke als unendliche Inspirationsquelle, auch für zukünftige Generationen, dienen und dienen werden.
Im heute vorgestellten Buch “Art Forms From The Abyss: Ernst Haeckel’s Images From The HMS Challenger Expedition“ erläutern uns der Professor Peter William, Professor David Thomas sowie der wissenschaftlich-technische Fotograph der School of Ocean Sciences der Bangor University, Wales und der Meeresökologe und Fachberater für Umwelt und Fischerei, Dylan Evans, die Taten und Leistungen der Challenger-Expedition und von Ernst Haeckel im Besonderen.
Die Kunstwerke
Die im Buch dargestellten Lebensformen stammen aus drei verschiedenen Ordnungen und zwar den Siphonophorae (Staatsquallen), Medusae (Quallen) und Radiolaria (Strahlentierchen). Der Detailreichtum und die erreichten Effekte, wie z.B. die räumlichen Darstellungen auf manchen Bildern, ist einfach gewaltig. Dank der Genehmigung des Prestel Verlages durfte ich auch Fotos des Buches “Art Forms From The Abyss: Ernst Haeckel’s Images From The HMS Challenger Expedition“ aufnehmen. So könnt ihr euch selbst einen Eindruck von den Werken Ernst Haeckels machen, die mit Worten nicht ausreichend zu beschreiben wären. Die Darstellungen zeigen die vergrößerten Lebensformen zum Teil im Ganzen, hin und wieder zeigt Ernst Haeckel uns auch Details aus dem Innenleben der Lebewesen. Neben den abgebildeten Bildtafeln finden sich auch immer die wissenschaftlichen Bezeichnungen der einzelnen Lebensformen sowie deren Größe und Tiefe des Fangortes. Mit welcher Hingabe und unfassbarem Arbeitseifer Ernst Haeckel damals ans Werk gegangen sein muss, um all dies zu erschaffen, kann man sich kaum vorstellen.
Ihr kennt doch sicher das berühmte Zitat von Friedich Nietsche: „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“ Und so ein bisschen trifft das wohl auch auf Ernst Haeckel zu, denn wie auch immer er dieses Mammutwerk an Forschung und Katalogisierung der Lebewesen aus der Tiefe des Meeres schaffen konnte, die Arbeit hat ihn mit Sicherheit verändert und über sich selbst hinauswachsen lassen.
Unsere Reise
Die Meisterwerke von Ernst Haeckel, in denen man sich beim Betrachten wirklich verlieren und niemals sattsehen kann, haben mich sehr inspiriert, so dass wir uns auch in Zukunft mit Werken von Ernst Haeckel auseinandersetzen werden, denn das Buch “Art Forms From The Abyss: Ernst Haeckel’s Images From The HMS Challenger Expedition“ enthält nur einen Teil seiner Schaffenswerke. Aber nicht nur Ernst Haeckels Arbeiten werden wir uns zu Gemüte führen, denn wir werden auch andere biologische Zeichnungen betrachten, die uns die verschiedensten Tiere und Pflanzen in dieser naturgetreuen und detaillierten Kunstform vorstellen. Ich kann mich aus der Vergangenheit an verschiedene Naturkundewerke erinnern und werde mal recherchieren, was es hierzu alles gibt. Wem hierzu etwas einfällt, kann mir dazu gerne Vorschläge in die Kommentare schreiben, ich bin für jeden Vorschlag und jede Anregung sehr dankbar!
Das Buch
“Art Forms From The Abyss: Ernst Haeckel’s Images From The HMS Challenger Expedition“ erscheint als Buch im Softcover im Format 24 x 30 cm. Das Buch umfasst 144 Seiten, die eine sehr gute Druck – und Papierqualität aufweisen. Das Buch enthält 75 Abbildungen, die meisten davon in Farbe. Das Buch ist in englischer Sprache verfasst worden. Das verwendete Englisch ist dabei recht gehoben und für Spracheinsteiger kaum zu verstehen. Da aber nur der Anfang des Buches hauptsächlich aus Texten besteht und der Fokus des Buches eindeutig auf den Werken Ernst Haeckels liegt, kann ich das Buch auch Leuten empfehlen, die kein Wort Englisch verstehen. Eine Lesevorschau erwartet euch auf der Homepage des Prestel Verlages bzw. der Verlagsgruppe Randomhouse.
Fazit
Die Faszination, die von den Werken Ernst Haeckels ausgeht, ist kaum zu beschreiben, der Detailreichtum der dargestellten Lebensformen einfach unfassbar. Das Buch “Art Forms From The Abyss: Ernst Haeckel’s Images From The HMS Challenger Expedition“ gibt uns einen sehr guten Einblick in die Arbeiten der Challenger-Expedition in den Jahren 1872-1876 und den gewonnenen wissenschaftlichen Eindrücken.
Verlag/ Label: Prestel Verlag
Autor: Ernst Haeckel, Peter Williams, Dylan Evans, David Roberts, David Thomas
Veröffentlichung: 24.08.2015
Seitenzahl: 144
ISBN: 978-3-7913-8141-1
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Webseite: http://www.randomhouse.de/Paperback/Art-Forms-from-the-Abyss/Peter-Williams/Prestel/e473651.rhd
Webseite 2: Amazon
Webseite 3: http://www.ehh.uni-jena.de
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