Miyamoto Musashi, dieser Name ist außerhalb Asiens eher unbekannt und nur Fans der japanischen Kultur ein Begriff. Einem Japaner stellen sich bei er Erwähnung dieses Namens aber vor Ehrfurcht sofort die Nackenhaare auf, denn Miyamoto Musashi ist der Samurai schlechthin. Aber Miyamoto Musashi war nicht der Vorzeigeheld, den wir jetzt erwarten würden, nein, er hat sogar einen der bekanntesten Vorzeigehelden der japanischen Geschichte, den edlen Sasaki Kojiro, umgebracht. Miyamoto Musashi war eher vergleichbar mit einer unaufhaltsamen Naturgewalt; kein strahlender Held, sondern von Zeitgenossen zum Teil als Teufel beschrieben, der vor nichts zurückwich und unaufhaltsam alles umbrachte was ihm in den Weg kam. Seine Geschichten sind absolut legendär und sein Mythos ist unbestritten. Viele seiner Wegstationen gelten als historisch abgesichert, was seinen Nimbus nur noch weiter förderte. Er hat sämtliche Schwertmeister seiner Zeit besiegt, sogar den Kampf gegen eine ganze Schwertschule, wobei ihn hier alle 72 Mitglieder gleichzeitig angegriffen haben sollen, hat er überstanden. Viele Gegner würdigte er nicht einmal seiner Klinge und besiegte viele Schwertmeister lediglich mit einem hölzernen Trainingsschwert oder seiner Schwertscheide.
Wirklich verblüffend ist diese Figur, die zu einer Zeit lebte, in der die Hochzeit der Samurai schon im Niedergang begriffen war. Diese Zeit aber war von Abenteuern geprägt und große Kriege gehörten der Vergangenheit an. Jeder Samurai musste selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen. Viele Soldaten und Samurai wurden arbeitslos und wanderten als sog. Ronin durch das Land auf der Suche nach Arbeit. Viele verdingten sich als Tagelöhner, Söldner oder Leibwächter. Einer von diesen war der junge Miyamoto Musashi, der jedoch ein konkretes Ziel vor Augen hatte: Unter dem Himmel kein Zweiter! Er musste zum besten Kämpfer werden und genau das hat er auch geschafft. In seinem Werk “Fünf Ringe” erfahren wir die Gedankengänge dieses Phänomens von einem Mann und wie er seine Ziele erreichte.
Seine absolut kompromisslose, gnadenlose Einstellung zeigt sich in diesem Buch sehr deutlich. Diese kann uns als große Inspiration dienen, denn diese ist nicht nur auf den Kampf anwendbar, auch auf viele Lebenssituationen, wie etwa den Arbeitsalltag. Auch Miyamoto Musashi lebte sein ganzes Dasein nach diesen von ihm niedergeschriebenen Prinzipien und wurde unsterblich.
Fünf Ringe
Miyamoto Musashi’s Werk gliedert sich in fünf Kapitel, jedes mit einem eigenen Thema. Er nennt diese die fünf Ringe, also sozusagen wird seine Argumentation bzw. sein Werk auf fünf Säulen getragen; wenn man dies so frei ausdrücken darf.
Es ist durchaus möglich, diese wörtlich zu nehmen, dazu sollte man aber ein Phänomen wie Miyamoto Musashi sein, denn der beschreibt, dass ihm ein Kampf gegen eine Person genauso schwer bzw. einfach fällt, wie ein Kampf gegen 10.000 mal 10.000 Personen. Wir sollten uns daher einen eher philosophischeren Ansatz als Beispiel nehmen, den Musashi wohl auch eigentlich ausdrücken wollte. Viele seiner Anschauungen scheinen nicht umsetzbar, aber gerade als Vorbild ist Miyamoto Musashi perfekt, denn er sieht einfach keine Hindernisse im Leben. So sagt er beispielsweise:“Wenn dein Arm zu schwach ist um ein Schwert einhändig zu führen, dann trainiere einfach so lange bis du es kannst!”. Nichts ist bei Miyamoto Musashi unmöglich, nur eben eine Frage des Trainings. Diese sehr gesunde Betrachtungsweise der Realität lässt uns die Welt viel zugänglicher sehen und alle Hindernisse nur als “Hindernisse auf Zeit” betrachten, denn wir wissen ja alle, das wir durch Training und Lernen alles irgendwann beherrschen können. Zu oft lassen wir uns von zu großen Hindernissen einschüchtern, die sich im Nachhinein als viel einfacher herausgestellt haben. Miyamoto Musashi hätte sich niemals einschüchtern lassen. Denn Angst führt zu Starre, und Starre bedeutet den Tod. Oft ist das “Nichtdenken”, das “einfach Laufen lassen” genau die richtige Lösung für Probleme, auch im Alltag. Durch zuviel Nachdenken kommen wir ins stocken und werden verwundbar. Dabei spreche ich nicht von Planung und Vorbereitung, das ist sicher notwendig, aber oft schadet das zuviele Nachdenken: vor Referaten, Vorträgen etc. kann man sich vorher richtig verrückt machen; einfach auf die Bühne rauszugehen und loszulegen kann oft so viel geschickter sein. Und wenn man mal drin ist, läuft’s doch eh von alleine. Instinktives Handeln, aufs Bauchgefühl hören, das sind Weisheiten die uns Miyamoto Musashi auch in seinem Werk näher bringt.
Die einzelnen Bücher
Miyamoto Musashi’s Buch “Fünf Ringe” oder im japanischen Original “Gorin No Sho” gliedert sich in fünf Kapitel, und zwar die sog. Bücher Erde, Wasser, Feuer, Wind und Leere. Ein jedes Buch hat einen anderen Schwerpunkt und Miyamoto Musashi beschreibt in diesen die Bedeutung und Techniken seiner einzigartigen Schwertkunst. Viele Schwertmeister erschufen ihren eigenen Stil des Schwertkampfs und unterrichteten diesen auch weiter. Bei Miyamoto Musashi war dies nicht anders, er war aber der erste Samurai, der mit zwei Schwertern gleichzeitig kämpfte. Seine Kampfkunst wird deswegen auch als die “Zwei- Schwerter Schule” bzw. “Zwei Himmels-Technik” bezeichnet.
Psychologische Kriegsführung
Ein Punkt, der sich sehr deutlich in den “Fünf Ringe[n]” zeigt, ist, dass Miyamoto Musashi ein Meister der psychologischen Kriegsführung war, der diese in seinen Einzelkämpfen bewusst einsetzte, um einen Vorteil gegenüber seinem Gegner zu haben. Den Gegner zu erschrecken, zu verunsichern, ihn aus dem Konzept zu bringen, all dies beherrschte Musashi perfekt. Ein prominentes Beispiel war bei seinem berühmtesten Duell gegen den Schwertmeister Sasaki Kojiro (dieser trug den höchsten Titel, den ein Samurai erlangen konnte: “Muteki”, was soviel bedeutet wie “ohne Gegner”). Musashi erschien zunächst mit zwei Stunden Verspätung zum Duell, Sasaki Kojiro war also dementsprechend gereizt über diese Anmaßung. Als Kojiro dann auch noch seine Schwertscheide ins Meer schmiss, kommentierte Musashi dies mit: “Du scheinst dir deiner Niederlage also bereits sicher zu sein, denn ansonsten hättest du deine Schwertscheide nicht weggeworfen”. Musashi überließ also nichts dem Zufall. Das Ergebnis ist bekannt: Musashi erschlug einen der größten Schwertmeister mit nur einem Holzschwert.
Was kann ich jetzt damit anfangen?
Ehrlich gesagt, einer Art “Halbgott” nachzueifern und alles Eins-zu-Eins umzusetzen ist natürlich kaum möglich. Miyamoto Musashi sieht einfach keine Grenzen, keine Hindernisse, weil er sie bewusst ausblendet. Dennoch schätzt er sich realistisch ein. Wie kann das sein? Nun, er gibt sich die Zeit, seine Künste und Fertigkeiten zu vervollkommnen und geht im Gegensatz zum Großteil der Menschheit stets “wach” durch die Welt. Er beleuchtet retrospektiv alle seine Handlungen und lernt permanent von sich und seiner Umgebung. Er schränkt sich selbst nicht ein und begibt sich stets in Gefahren die ihn “nur” leicht überfordern, um daraus zu wachsen. Man muss die “Fünf Ringe” als Anleitung zu einem starken Individuum verstehen, eine Anleitung, um in der modernen Geschäftswelt immer auch die Zähne zeigen zu können und keine Angst haben zu müssen. Die meisten Ängste, die uns tagtäglich begegnen, sind einfach unangebracht und sinnlos. Und Miyamoto Musashi kann uns lehren, diesen zu begegnen. Und diese zu besiegen. Mit einer gesunden Grundeinstellung, als wertvolles Individuum, das sich aber auch mit anderen wertvollen und starken Individuen zu einer noch stärkeren Gemeinschaft zusammenschließen kann.
Der Künstler
Es ist bekannt, dass Miyamoto Musashi nicht nur ein herausragender Schwertkämpfer, Nahkämpfer und Schwertphilosoph war, nein er war auch ein Künstler. Viele seiner Werke finden sich in dieser Edition von die “Fünf Ringe”, welche sowohl religiös angehauchte Motive (ein wahres Highlight ist der von Musashi gezeichnete heilige Bodhidarma, einer der Schüler Buddhas und angeblicher Erfinder der Kampfkunst) als auch Motive aus der Natur. Auch soll Musashi unzählige Holzstatuen geschnitzt haben, die sowohl Buddha als auch buddhistische Dämonen zeigen sollen.
Weitere Infos für Interessierte
Wer jetzt Blut geleckt hat, dem kann ich als größter Miyamoto Musashi Fan (“Unter dem Himmel kein Zweiter”), Einiges empfehlen: Takehiko Inoues Mangareihe “Vagabond” ist ein unglaubliches Meisterwerk und zeigt Miyamoto Musashi, wie es wohl kein Werk davor vollbracht hat. Mit einzigartiger Zeichentechnik (Bei mir wäre das eindeutig mit einer 10 bewertet worden) erschafft der Mangaka hier eine meisterhafte Symbiose aus spannender Geschichte, perfekt dargestellten historischen Persönlichkeiten, blutigen Kämpfen und viel Philosophie. Wer eher auf Romane steht, dem empfehle ich das Buch “Musashi” von Eiji Yoshikawa, welches dem Manga in nichts nachsteht. Veröffentlichungen, in denen Miyamoto Musashi einen Auftritt hat oder erwähnt wird, sind nicht aufzuzählen. Hier einige weitere Empfehlungen:
- “Yakuza KENZAN!”, ein Playstation 3 Game. Leider nur auf Japanisch erhältlich. Es beleuchtet das Leben von Miyamoto Musashi im Stile der “Yakuza” -Videospielreihe. Eines meiner absoluten Lieblingsgames!
- “Warriors Orochi 3″: Im Playstation 3 und Playstation 4 Game (hier mit dem Zusatz Ultimate im Titel) sind als spielbare Figuren auch Miyamoto Musashi und Sasaki Kojiro verfügbar.
- Die Filmtrilogie “Samurai”
Fazit
Weltliteratur eines Menschen, der Unfassbares geleistet hat. Miyamoto Musashi ist ein permanenter Teil von Japan und wird in dessen Kultur und Pop Kultur immer wieder auftreten. “Fünf Ringe” ist Pflichtlektüre, um tiefer in die Geschichte und das Wesen von Miyamoto Musashi einzutauchen und ein sehr wertvolles Buch um Hindernisse, die das Leben einem liefert, niederzureißen und stärker daraus hervorzugehen.
Verlag/ Label: Nikol Verlag
Autor: Miyamoto Musashi
Veröffentlichung: 01.01.2008
Seitenzahl: 208
ISBN: 978-3-937872-88-9
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Webseite: http://nikol-verlag.de/index.php?page=product&info=54
Webseite 2: http://www.imdb.com/title/tt0047444/
Webseite 3: http://vagabond.wikia.com/wiki/Musashi_Miyamoto
Copyright Artikelbild: Nikol Verlag
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