JOHN MUELLER – Oink – Himmels Schlachter

„Quieeeeeeeeeeek! Ich ramme euch meine Axt in den Schädel, ihr Monster! Mein Name ist Oink, und ich nehme an Euch Rache dafür, dass ihr meine Freunde, die Schweine, unter unwürdigen Verhältnissen haltet und anschließend tötet und auffresst. Und dafür, dass ihr meinesgleichen erschaffenen habt, eine Dienerrasse, eine Mischung aus Mensch und Schwein und uns zwingt die niedersten Arbeiten für euch zu verrichten und unsere Freunde zu töten! All die Jahre wuchs ich in Angst und Terror auf, doch nun ist die Zeit Rache zu nehmen und eure Welt, den Himmel, zu zerstören und all seine Bewohner abzuschlachten!“

Handlung

In einer Zukunft, die düsterer kaum sein könnte, begibt sich ein Priester in ein Gefängnis mit unüberschaubaren Ausmaßen, um hinter einer massiven Stahltür, auf der mit großen Lettern “Himmels Schlachter“ geschrieben steht, einem wahnsinnigen Schwerverbrecher die letzte Beichte abzunehmen. In der Zelle befindet sich Oink, welcher einer von den Menschen erschaffenen Dienerrasse von Schweinemenschen entspringt und nun auf seine Hinrichtung wartet. Oink erzählt dem Priester seine Geschichte, wie er als Junge als Sklave eines Systems indoktriniert und eingeschüchtert wurde, um seine Freunde, die Schweine, aufzuziehen und anschließend zu töten.

Oink lebte Seite an Seite mit anderen Schweinemenschen und diente den Menschen, deren Wohnstatt als Himmel bekannt war und in die nie ein Schweinemensch einen Fuß/Huf gesetzt hat. Eine Art Religion, die auf Angst und Gehorsamkeit fußt, nahm Ihnen jeglichen Willen. Als jedoch eines Tages der alte Spigot gegen die Wärter rebellierte und dies seinen grausamen Tod nach sich zog, reifte auch in Oink der Wille sich gegen diese kranke Welt und diejenigen, die diese am Laufen halten, zu vernichten und so machte er sich auf gen Himmel, um alle dort abzuschlachten…

Ein Schwein sie zu richten

“Oink - Himmels Schlachter“ führt uns in eine grausame, düstere Endzeitwelt, in der die Menschen ihre Fleischproduktion in die Hand von einer selbst geschaffenen Dienerrasse gelegt haben, die eine Mischung aus Mensch und Schwein darstellt und sich durch ihre Ausdauer, Belastbarkeit und Körperkraft auszeichnet. Den Willen und die Intelligenz der Wesen unterbinden die Menschen durch ein manipulatives System aus Religion, Angst, Terror und permanenter Überwachung. Die Nahrungsmittelproduktion ist zudem strikt vom Wohnort der Menschen getrennt.

Die Menschen selbst werden in “Oink - Himmels Schlachter“ von John Mueller sehr düster dargestellt. Die Wachen und Offiziere erinnern den Leser sofort an Nazis, die mit ihren schwarzen Ledermänteln, Gasmasken und Stahlhelmen mit die finstersten Symbole im Allgemeingedächtnis der Menschen zum Schrecken der beiden Weltkriege ansprechen. Zudem werden Himmelsymbole wie ein stählerner Heiligenschein und Bezeichnungen und Namen aus der Bibel und des himmlischen Pantheons zur Bezeichnung der Menschen und deren Einheiten verwendet. Dennoch sind nicht alle Menschen böse und es gibt auch diverse menschliche Opfer des Regimes, das sich im “Oink - Himmels Schlachter“ im sog. Himmel befindet.

 Furchtbare Realität

Auch wenn die Darstellung der Nahrungsmittelgewinnung und das ganze Prozedere Drumherum in “Oink - Himmels Schlachter“ abartig und erschreckend wirkt, so ist es von der Realität alles andere als weit entfernt. Bis auf den in der Welt von “Oink - Himmels Schlachter“ allgegenwärtigen Schmutz sind die Darstellungen der Fleischgewinnung nämlich leider nicht so weit hergeholt, wie man vielleicht vermuten könnte. In “Oink - Himmels Schlachter“ werden die Schweine in Apparaturen eingeschlossen, in denen sie durch Schläuche ernährt werden. Urin und Fäkalien werden ebenfalls durch Schläuche entfernt. So bleibt das Schwein bewegungsunfähig und wird bis zur Schlachtung gemästet. Kaum Aufwand, kaum Kosten, viel Gewinn. Was dazu nötig ist und was das Tier erlebt, ist nebensächlich, nein eigentlich ist es vollkommen egal.

Nun, als Diplom-Ingenieur der Lebensmitteltechnologie weiß ich sehr gut, was in der Realität bei der Nahrungsmittelproduktion passiert und war eigentlich nicht geschockt, was uns John Mueller in seinem Werk “Oink - Himmels Schlachter“ hier aufzeigt. Absolute Bewegungsunfähigkeit bei der Geflügelzucht, ein Leben in den eigenen Exkrementen auf hartem Betonboden bei Scheinen, Verstümmelungen bei Schweineschwänzen und Kuhhörnern, Küken-Schredder, in denen männliche Küken zerhäckselt werden, Guckfenster bei Kühen, um bei der Milchproduktion im Körper der Kuh alles anschauen zu können…. die Liste könnte ich jetzt noch lange weiterführen, aber mir ist jetzt schon schlecht von der Abartigkeit mancher Menschen. Nicht umsonst verwendet John Mueller bei den Menschen in “Oink - Himmels Schlachter“ auch Anspielungen auf deutsche Soldaten, waren und sind in Deutschland doch nach wie vor die Meister des industriellen Massenmordes zu finden. Nicht umsonst lassen auch die an Deutschland angrenzenden Länder bei uns die Tiere schlachten, denn hier erfolgt der Mord effizient und kostensparend. Und ich weiß ganz genau, warum ich trotz hochwertiger und angesehener Ausbildung dort nicht arbeite und lieber für euch schreibe und gerne auf das ein oder andere Stück Fleisch verzichte.

Harter Stoff

Zweifelsohne ist “Oink - Himmels Schlachter“ eine echt harte Nummer, doch geht die Gewalt vollkommen in die “richtige Richtung“. Hier rächt sich die Natur, die Opfer schlagen zurück und der Feind ist eindeutig böse. Bestimmt will “Oink - Himmels Schlachter“ euch nicht zum Vegetarier machen, dennoch sollte es als Befreiungsschlag angesehen werden, der sich auf diverse Bereiche beziehen lässt und nicht nur die für Tier und Menschen oft unwürdige Nahrungsmittelproduktion in den Industrieländern, also gerade was die Massenproduktion angeht, die nachhaltig Tier, Mensch und Land schädigt. John Mueller erschafft mit seiner Figur des Oink einen optisch sehr ungewöhnlichen Helden, den man aber sofort mag und das liegt nicht nur an der engen genetischen Verwandtschaft zwischen Schwein und Mensch, sondern auch an der Botschaft, die er als radikaler Freiheitskämpfer für das Gute verkörpert, wie es auch ein John Rambo nicht besser machen könnte.

Einzig, dass John Mueller in seinem Werk zu radikale und spontane Szenenwechsel eingebaut hat, die den Leser verwirren, kann man “Oink - Himmels Schlachter“ vorwerfen, das ist aber auch die einzige Schwäche dieses Meisterwerks der Comic-Literatur.

Parallelen zu George Orwells “Farm Der Tiere“ (1945) gibt es definitiv, doch finde ich wird der Vergleich etwas überstrapaziert. Wichtiges Element beider Werke ist jedoch die Auflehnung gegen die Obrigkeit, sowie die Hinterfragung deren Entscheidungen. Und natürlich kommen in beiden Werken Schweine vor^^. Politisch sollte im Gegensatz zu “Animal Farm“ aber bei “Oink - Himmels Schlachter“ nichts hineininterpretiert werden.

Zeichnungen

John Muellers “Oink - Himmels Schlachter“ ist mehr eine geschickte Aneinanderreihung von Gemälden als ein Comic bzw. Graphic Novel. Nicht nur aufgrund der hohen Kunstfertigkeit des Werkes auch wegen des gelungenen Designs kann ich ohne Bedenken die Höchstwertung zücken, die “Oink - Himmels Schlachter“ zweifelsfrei verdient. Die stolze fünf Jahre andauernde Überarbeitung des Originalwerkes aus dem Jahr 1995 hat sich mehr als gelohnt und kann sich nun auch optisch mehr als sehen lassen! Design, Farben, Licht/Schatten, Details - bei “Oink - Himmels Schlachter“ geht eine lange Reise für den Autor und Künstler zu Ende und perfektioniert seine fast ein Vierteljahrhundert andauernde Reise, die er zur Erstellung seines Meisterwerkes im Alleingang benötigte.

Der bullige Oink sitzt im Knast und ein junger Priester lauscht seinen Taten.

Der bullige Oink sitzt im Knast und ein junger Priester lauscht seinen Taten.

Der Comicband

“Oink - Himmels Schlachter“ erscheint als Hardcover Band im Format 20 x 1,7 x 28,2 cm. Bei dieser Neuausgabe wurde das Werk, das ursprünglich im Jahr 1995 erschien, vollständig überarbeitet (das Werk ist kaum wiederzuerkennen und hat sich optisch unglaublich stark verbessert) und ergänzt. Die 120 Seiten weisen eine gute Druck - und Papierqualität auf. Ein umfangreicher Anhang mit einer Skizzengalerie und hochwertiger Fan Art vervollständigt das Werk. Eine Lesevorschau findet, ihr auf der Homepage des Splitter Verlages.

Fazit

“Oink - Himmels Schlachter“ macht euch vielleicht nicht zum Vegetarier, doch, wenn ihr das nächste Mal eine Schnitzelsemmel esst, werdet ihr Angst haben, dass sie zurückbeißt.

Verlag/ Label: Splitter Verlag

Autor: John Mueller

Veröffentlichung: 01.08.2015

Seitenzahl: 120

ISBN: 978-3-95839-156-7

Altersfreigabe: unbekannt

Webseite: http://www.splitter-verlag.eu/oink.html

Webseite 2: Amazon

Webseite 3: http://www.bigpigink.com

Copyright Artikelbild: Splitter Verlag

Copyright andere Bilder: Splitter Verlag

  • 8/10
    Handlung - 8/10
  • 10/10
    Intensität und Atmosphäre - 10/10
  • 10/10
    Grafische Ausarbeitung - 10/10
  • 8/10
    Charaktere - 8/10
  • 9/10
    Inhalt - 9/10
  • 10/10
    Druckqualität und Haptik - 10/10
9.2/10

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