Mighty No. 9 [PLAYSTATION 4]

Schwierigkeit: mittel bis schwer; New Game Plus: Nein; Spielzeit: 4 Stunden Spieleranzahl :1; Multiplayer: Nein Systeme: Playstation 4, Playstation 3, Wii U, Mac, PC, Xbox 360, Xbox One (später noch Playstation Vita und Nintendo 3DS)

Wenn ich als Videospieldesigner nicht mehr an meiner selbst erfunden Videogamereihe arbeiten darf, weil mein ehemaliger Arbeitgeber die Rechte an der Marke besitzt, kann mir Crowdfunding die Möglichkeit geben, mein altes Kind unter neuem Namen wieder neu aufleben zu lassen. Neben “Castlevania“-Erfinder Koji Igarashi, welcher sein Spielprinzip im Spiel “Bloodstained: Ritual Of The Night“ (eines von zwei Crowdfunding Projekten, die ich bisher selbst unterstützt habe) verwirklichte auch der Schöpfer von “Mega Man“ Keiji Inafune sein Wunschprojekt und startete im September 2013 eine Kickstarter-Kampagne zur Finanzierung von “Mighty No. 9“. Das Game sollte nicht nur spielerisch der legendären “Mega Man“-Reihe ähneln, auch der Protagonist Beck und andere Figuren im Spiel orientierten sich optisch stark an denen der “Mega Man“-Serie. Insgesamt wurden über 4 Millionen US-Dollar zusammengebracht, um das Projekt zu unterstützen, was “Mighty No. 9“ zu einer der erfolgreichsten Crowdfunding-Kampagnen zur Finanzierung eines Videospiels machte. Doch zahlreiche Verschiebungen des ursprünglichen Release-Termins verhießen schon mal nichts Gutes und mit dem finalen Produkt werden wohl die wenigsten Unterstützer zufrieden sein:

Zurück zum Reißbrett

Wenn ich “Mighty No. 9“ mit Metaphern aus der Automobilindustrie beschreiben müsste, würde ich sagen: „Wenn “Mega Man“ ein Ferrari ist, wäre “Mighty No. 9“ der VW-Abgasskandal“. Leider finde ich wenig lobende Worte für “Mighty No. 9“ und bin ehrlich gesagt auch etwas enttäuscht, was das Team der Entwicklerstudios Comcept und Inti Creates unter der Leitung von Keiji Inafune hier geleistet haben. Neben einem unterdurchschnittlichen Game haben sie leider eben auch das Vertrauen potentieller neuer Unterstützer von Crowdfunding-Finanzierungsbestrebungen verschreckt, wodurch es kommenden Entwicklern womöglich schwerer fallen könnte, die benötigten finanziellen Mittel zusammenbekommen, was schlussendlich uns Kunden, die wir versuchen unsere Wunschspiele Wirklichkeit werden zu lassen, ebenfalls trifft. Vielleicht ist es aber etwas unfair hier so hart mit den Entwicklern ins Gericht zu gehen, schließlich sind das nur ein paar schwarzsehende Gedanken, die sich nicht unbedingt bewahrheiten müssen.

So, nun kommen wir aber mal dazu warum “Mighty No. 9“ enttäuscht und nicht mal im Ansatz an sein Vorbild “Mega Man“ heranreicht. Beginnen wir also mit unserem Test von “Mighty No. 9“ und beleuchten zunächst das Gameplay und das Leveldesign:

Hüpfen und Ballern

“Mighty No. 9“ orientiert sich beim Gameplay an den klassischen “Mega Man“-Teilen 1-7 und bringt spielerisch auch kaum neue Elemente hinzu. Eine Bereicherung im Vergleich zu den klassischen “Mega Man“-Titeln ist auf jeden Fall der zusätzliche Sidedash, der nicht nur schnelle Ausweichmanöver vor Feindesbeschuß ermöglicht und den Androiden Beck über Schluchten schweben lässt, sondern auch noch Combos zum Punktegewinn für Highscores zulässt. Hierzu müssen die feindlichen Roboter und Maschinen mit Schüssen betäubt und anschließend per Sidedash assimiliert werden. Je mehr Gegner wir hier gleichzeitig durch Berührung aufsammeln, desto mehr Punkte gibt es. Dieses Gameplay-Element bringt nicht nur etwas Tempo ins Game, sondern motiviert auch noch zu Herausforderungen, um unseren Highscore anzuheben.

Ansonsten orientiert man sich beim Gameplay knallhart an “Mega Man“, aber Herr Inafune klaut in dem Fall ja von sich selbst, von dem her kann man ihm natürlich auch keinen Vorwurf machen. Von “Mega Man“ wurde auch das übrige Spielprinzip übernommen, bei dem der Spieler verschiedene kurze Levels aufsucht und dort auf einen Endboss trifft. Dabei handelt es sich um die anderen Werkstadtkollegen von Beck, dessen Projektname “Mighty No. 9“ auch den Titel für das Spiel liefert. Diese sog. Mighty No. 1-8 weisen allesamt einzigartige Eigenschaften und Angriffe auf. Wie in “Mega Man“ erhält man in “Mighty No. 9“ nach dem Sieg über den jeweiligen Boss auch dessen Angriffsfähigkeit, die man im Spiel jederzeit anwählen kann. So sammelt man im Laufe des Spiels alle Fähigkeiten der Endbosse. Der Clou besteht nun darin, die erworbenen Bossfähigkeiten gegen andere Bosse zu verwenden und deren Schwächen auszunutzen. Da man die einzelnen Levels in beliebiger Reihenfolge wählen kann, ist es so möglich, sich das Spiel deutlich zu erleichtern und z.B. als erstes die Feuer-Attacke eines Bosses zu erwerben, um damit als nächstes den feuerempfindlichen Eisroboter deutlich einfacher und schneller erledigen zu können. “Mega Man“-Fans kennen das natürlich, schließlich gilt dieses Element als eines der Grundprinzipien der Reihe.

Beck im Kampf gegen den Boss Mighty No. 7 Brandish!

Beck im Kampf gegen den Boss Mighty No. 7 Brandish!

Beim Leveldesing orientiert sich das Team um Herrn Inafune auch an den Klassikern des Genres, erreicht aber leider nicht deren Qualität. Der Plattformer bringt im Laufe des Spiels zwar einige Herausforderungen, doch auch hier erreicht man nicht den Einfallsreichtum der früheren “Mega Man“ Titel, die aus den wenigen Gameplay-Elementen Hüpfen, Laufen und Schießen eine gewaltige Variation an Gameplayherausforderungen schufen.

Die Spielzeit ist mit einer Länge von maximal vier Stunden auch sehr mau. Verlängert wird die Zeit durch einige Herausforderungen im EX-Modus und durch einige frustrierende Stellen im Spiel, die ihr mehrfach versuchen müsst, um voran zu kommen. Gerade bei den Endbossen solltet ihr Durchhaltevermögen haben. Zwar ist ein hoher Schwierigkeitsgrad nicht schlimmes, aber da sollte das Spiel einen dann schon motivieren und überhaupt erst mal einen Grund geben weiterzumachen. Und bei “Mighty No. 9“ sehe ich davon leider nicht viel.

Was die Story betrifft, liefert “Mighty No. 9“ ein einfaches Szenario in der Zukunft, bei dem der Android Beck ausgesandt wird, um die aus irgendeinem Grund verrückt gewordenen Roboter unschädlich zu machen. Aber bei einem Game dieser Art ist jetzt auch keine ergreifende Handlung notwendig, etwas mehr hätte man aber schon draus machen können.

Leveldesign und Grafik sind bei “Mighty No. 9“ leider nur mäßig.

Leveldesign und Grafik sind bei “Mighty No. 9“ leider nur mäßig.

Grafik und Sound

Als ich zu Beginn der Kickstarter-Kampagne zur Finanzierung von “Mighty No. 9“ die gelungenen Artworks sah, dachte ich eigentlich, dass Comcept und Inti Creates einen handgezeichneten Look verwenden würden, wie man ihn vor allem aus Spielen der Entwicklerschmiede Vanillaware, aber mittlerweile auch vielen anderen Firmen kennt. Leider entschied man sich aber für einen 3D-Look, der aber so gar nicht überzeugen kann. Selbst bei der Playstation 4 Version zeigen sich die Figuren mit Kantenflimmern und zudem recht unscharf. Zu blasse Farben geben dem Look den Rest. Lediglich die kurzen Nachrichtensequenzen, bei denen unten am Bildschirm die Portraits der verschiedenen Figuren der Handlung auftauchen und in einem Anime -Look gehalten sind, sehen gut aus. Das generelle Design des Protagonisten Beck und den anderen Figuren und Gegnern ist allerdings auch nichts Besonderes und das einzige was mir im Nachhinein im Gedächtnis blieb ist das pausbäckige Gesicht von Beck. Auch diese Chance ist also leider vertan.

Was den Sound betrifft liefert uns “ Mighty No. 9“ lediglich uninspiriertes, leises Gedudel und auch die Soundeffekte sind eher mau. Die Sprachausgabe (Japanisch, Französisch und Englisch) ist in Ordnung. Optional kann man hier zudem Untertitel in verschiedenen Sprachen (unter anderem auch Deutsch und Englisch) einblenden lassen.

Fazit

Keiji Inafunes Versuch mit “Mighty No. 9“ einen Nachfolger für den beliebten “Mega Man“ zu etablieren, schlug gehörig fehl. Darüber hinaus enttäuschte das Entwicklerteam noch viele der Kickstarter-Unterstützter, die durch ihr Geld das Spiel vorabfinanzierten. Hoffentlich wird das keine Auswirkungen auf zukünftige Projekte von Entwicklern haben, die ihre Games durch Crowdfunding finanzieren wollen, da diese auf anderem Weg nie Gestalt annehmen würden.

Unterm Strich ist “Mighty No. 9“ ein sehr uninspirierter Plattformer, der vergeblich versucht an das Gameplay und Leveldesign alter Zeiten anzuknüpfen. Dadurch ist das Spielprinzip weder zeitgemäß (was für mich auch absolut kein Problem darstellt) noch kann es sich von seinem Vorgänger “Mega Man“ in irgendeiner Form abheben, welcher sich schon vor Jahrzehnten durch die “Mega Man X“-Reihe und diverse andere Titel längst in andere Sphären katapultierte und nicht nur zeitlose Klassiker umfasst, sondern zudem diese auch längst in jeder Hinsicht weiterentwickelte. So erhärtet sich bei mir der Verdacht, dass Herr Inafune sich schon viel zu früh auf sein nächstes Projekt “Re-Core“ konzentriert hat und seine neues Kind Beck gewissermaßen zur Adoption freigegeben hat.

Zum Schluss bleibt mir nur noch den fast 4-stündige Abspann zu erwähnen, der die etwa 40.000 Kickstarter-Unterstützer aufführt. Wer hier aufgeführt ist, hat aber wohl eher keinen Grund sich zu freuen…

Mighty No. 9 Launch Trailer

Verlag/ Label: Deep Silver

Veröffentlichung: 21.06.2016

Altersfreigabe: ab 12 Jahren

Webseite: http://www.mightyno9.com

Webseite 2: Amazon

Webseite 3: http://mightyno9.deepsilver.com/index_ger.html

Copyright Artikelbild: Deep Silver

Copyright andere Bilder: Deep Silver

  • 3/10
    Grafik - 3/10
  • 4/10
    Sound und Sprachausgabe - 4/10
  • 5/10
    Gameplay - 5/10
  • 4/10
    Wiederspielwert - 4/10
  • 3/10
    Spielspaß - 3/10
3.8/10

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