In modernen Kriegen ist für Helden kaum mehr Platz, denn Maschinen und Massenvernichtungswaffen dominieren die Schlachtfelder. Einer der letzten Kriegshelden war der deutsche Manfred von Richthofen, besser bekannt unter dem Namen “Der Rote Baron“. Mit Hilfe seiner einmaligen Fähigkeiten als Pilot seiner legendären roten Fokker Dr.I und einer gewaltigen Portion Glück dominierte Manfred von Richthofen den Luftraum im Ersten Weltkrieg und konnte sage und schreibe 80 bestätigte Abschüsse verzeichnen. Schon zu Lebzeiten eine Legende wurde Manfred Albrecht Freiherr von Richthofen mit zahlreichen Ehrungen verschiedener Länder überhäuft und auch nach seinem Tod hält der Mythos um den brillanten Jagdflieger an. Die Comicreihe “Der Rote Baron“ vom Autor Pierre Veys und dem Künstler Carlos Puerta erzählt die Geschichte des berühmten Piloten, jedoch ändern sie bei der Darstellung von Manfred von Richthofen ein paar ganz entscheidende Details:
Handlung (mild Spoiler)
Der junge Manfred von Richthofen geht auf eine Militärakademie in Berlin, doch seine beachtenswerten Leistungen in der Schule bringen ihm nicht nur Lob und Freunde ein, sondern ziehen auch zahlreiche Neider auf den Plan. So planen einige seiner Klassenkammeraden dem jungen Richthofen nach dem Sportunterricht in der Umkleide eine Lektion zu erteilen, doch anstatt von den anderen Jungs heftige Prügel einzustecken, überwältig er sie allesamt. Zunächst kann sich Manfred von Richthofen das Ganze nicht erklären, irgendwie konnte er die Angreifer bereits im Vorfeld spüren und fühlte ihren Zorn förmlich. Auch war er in der Lage bei der Schlägerei jeden Schlag vorherzusehen und somit war es ihm ein Leichtes auszuweichen und zu kontern. In den folgenden Tagen wiederholte sich das merkwürdige Phänomen nicht und Manfred beschloss sich gezielt erneut einer Gefahrensituation auszusetzen, um herauszufinden, ob seine besonderen Fähigkeiten ihm nur in Notfällen zur Verfügung stehen. Und tatsächlich, als sich der wohlhabende Junge in eines der Elendsviertel Berlins begab und sofort die Aufmerksamkeit zahlreicher Halsabschneider auf sich zog, konnte er ihre Gedanken erneut lesen und diese mit Leichtigkeit erledigen. Jahre Später, Manfred von Richthofen war längst ein ausgebildeter Jagdpilot, bestieg er im Jahr 1915 im Zuge des Ersten Weltkriegs das erste Mal in einer echten Kampfsituation ein Flugzeug und konnte seine Fähigkeiten im Luftkampf einsetzten und zu der Legende werden, die wir heute kennen.
Das Rote Monstrum (mild Spoiler)
Ich habe absolut nichts gegen böse Darstellungen von historischen Personen, um ihnen z.B. mehr charakterliche Tiefe zu verleihen oder einen anderen Aspekt ihrer Persönlichkeit in den Fokus zu rücken, auch wenn diese neue Seite vollkommen aus der Luft gegriffen ist und erfunden wurde. Aber dann sollte sie der Geschichte auch einen Mehrwert bringen. Hier kann man auch gerne mit psychischen Krankheiten agieren, um eine Person anders darzustellen. Doch mit der Darstellung, die der Autor Pierre Veys in “Der Rote Baron“ für Manfred von Richthofen ausübt, kann ich mich ganz und gar nicht anfreunden. Zunächst werden die Fähigkeiten und Leistungen der historischen Person, die sich dieser durch Arbeit, Fleiß und sicherlich auch durch Talent auf der einen und Glück auf der anderen Seite erworben hat, durch eine übersinnliche Fähigkeit geschmälert, die Manfred von Richthofen die Gedanken seiner Gegner in Gefahrensituationen lesen lässt. Ich verstehe nicht, warum Pierre Veys sich für diesen radikalen Schritt entschieden hat, der die Geschichte des Comics alles andere als bereichert. Der andere Punkt, der mir sauer aufstößt, ist, dass Manfred von Richthofen als rücksichtsloses, schon etwas realitätsfremdes und vielleicht auch ein wenig misanthropisches Monster dargestellt wird, der einfach mal ein paar Menschen tötet, nur um seine Fähigkeiten auf die Probe zu stellen. Vielleicht ergeben die Entscheidungen, den berühmten Roten Baron derart unsympathisch darzustellen, im Folgeband mehr Sinn, bisher finde ich diese aber extrem fragwürdig. Eine zu positive Darstellung eines Kriegshelden kann natürlich genauso kontraproduktiv sein, weshalb man sich bei diesem Punkt im Vorfeld viele Gedanken machen sollte.
Zeichnungen
Das absolute Highlight von “Der Rote Baron Band 1: Tanz Der Maschinengewehre“ sind die meisterhaften Bilder von Carlos Puerta, welche für mich auch der ausschlaggebende Grund waren, den Comic zu rezensieren. Viele Leute, darunter auch Comicleser, haben noch absolut keine Ahnung wie unglaublich manche Comics bzw. Graphic Novels optisch in Szene gesetzt werden und welches Feuerwerk für die Augen ihnen eigentlich entgeht. Carlos Puertas graphische Ausgestaltung von “Der Rote Baron Band 1: Tanz Der Maschinengewehre“ wirkt schon wie eine Aneinanderreihung von Gemälden und lässt den Leser staunend zurück. Und dann fordert der Spanier Carlso Puerta sich auch noch regelrecht zu Hochleistungen heraus und inszeniert höchst komplizierte Arrangements wie z.B. ein Flugzeug, das gerade durch das Mosaikfenster einer Kirche bruchlandet und das Ganze in einer selten gesehenen Detailfülle. Besonders imposant sind neben der Darstellung absolut realistischer Personen auch die Bilder von Gebäuden, Häuserzügen, Räumen und Plätzen, die er mit einer absolut hervorragenden Perspektive und unzähligen Details versieht. Die Wechsel von gestochen scharfen Bilder hin zu verschwommenen benutzt er gezielt, um Bewegung und andere Stimmungen darzustellen.
So, jetzt stellt sich natürlich die Frage nach der Technik und ich bin mir da auch nicht so ganz sicher, aber ich gehe davon aus, dass Carlos Puerta zunächst eine Bleistiftskizze anfertigt und diese dann mit Tusche nachzeichnet, da die Tuschelinien im fertigen Werk noch starke Akzente setzen. Die Kolorierung erfolgt dann wohl mit Wasser- oder Aquarellfarben oder möglicherweise auch mit Guache.
So muss ich ganz ehrlich sagen: Auch, wenn die Story ziemlich schwach ist, rechtfertigen alleine die Bilder Carlso Puertas den Kauf von “Der Rote Baron Band 1: Tanz Der Maschinengewehre“.
Der Comicband
“Der Rote Baron Band 1: Tanz Der Maschinengewehre“ ist Teil der neuen Comicalben-Reihe von Panini, die den Werken höchste Aufmerksamkeit bei der Verarbeitung schenkt. Der Band erscheint als Hardcover im Großformat (Höhe: 31,1cm; Breite: 23,5cm; Dicke: 1,2 cm) mit 48 Seiten Umfang. Der Band weist eine sehr gute Druck- und Papierqualität auf.
Fazit
Fragwürdige Darstellung des Roten Barons in brillanten Bildern.
Verlag/ Label: Panini Verlag
Autor: Pierre Veys
Veröffentlichung: 22.03.2016
Seitenzahl: 48
ISBN: 978-3957986924
Altersfreigabe: ab 14 Jahren
Webseite: http://www.paninishop.de/artikel/rote-baron-1
Webseite 2: Amazon
Webseite 3: http://www.carlospuerta.com
Copyright Artikelbild: Panini Verlags GmbH, Dupuis / Zephyr, Veys, Puerta
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