THIERRY MURAT – Der alte Mann und das Meer – Nach Ernest Hemingway

Viele Klassiker der Weltliteratur wurden bereits in Form von aufwändigen Graphic Novels umgesetzt. Man erhält dadurch nicht nur einen anderen Blick auf das Werk, sondern erreicht zudem weitere Leserkreise, was schließlich allen Parteien entgegenkommt. Heute wenden wir uns dem Klassiker “Der Alte Mann Und Das Meer“ von Ernest Hemingway aus dem Jahre 1952 zu, welcher dank der Arbeit des Künstlers Thierry Murat zum optischen Highlight heranreifte. Doch, bei der Graphic Novel stört mich ein Detail ganz gewaltig, und da es die Umsetzung als Graphic Novel nicht ist, liegt das Problem tatsächlich bei der literarischen Vorlage. Wie meine Kritik am Meister aussieht, der für dieses Werk mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt wurde, lest ihr im folgenden Test zu “Der Alte Mann Und Das Meer“:

Handlung

In einem kleinen Fischerdorf auf Kuba lebt in den 1950er Jahren ein glückloser, alter Fischer namens Santiago, der, obwohl er einst ein angesehener Vertreter seiner Zunft war, nun seit 84 Tagen ohne Fang, nur noch als wertloses Relikt angesehen wird. Sein einziger richtiger Freund aber, ein kleiner Junge, verbringt viel Zeit mit dem alten Santiago, so dass zwischen den beiden eine richtige Enkel-Großvater-Beziehung entsteht. Und auch wenn der Fischer nicht überzeugt von seinem künftigen Jagdglück ist, so zieht er dennoch los und lässt sein kleines Boot vom Pier und rudert hinaus aufs Meer, weiter als er jemals zuvor hinausgefahren ist. Und dabei trägt er neben seiner Angelausrüstung auch die Gedanken des Jungen mit sich, der nie aufgehört hat an den alten Mann zu glauben. Und als dann nach langem Warten tatsächlich ein gigantischer Marlin anbeißt, beginnt für den alten Fischer der Kampf seines Lebens…

Der kleine Junge erzählt dem Autor Ernest Hemingway die Geschichte vom alten Mann und dem Fang seines Lebens, welche der Autor schließlich als Inspiration für seine Novelle verwendet.

Der kleine Junge erzählt dem Autor Ernest Hemingway die Geschichte vom alten Mann und dem Fang seines Lebens, welche der Autor schließlich als Inspiration für seine Novelle verwendet.

Kritik (Spoiler!)

So, kommen wir zu meinem Eindruck von der Geschichte Hemingways, die durchaus gut ist (vielleicht in Romanform ja noch besser, ich habe den Roman selbst nicht gelesen. Es handelt sich jedoch um exakt die gleichen Ereignisse in beiden Werken), meiner Meinung nach aber eine merkwürdige Schlussfolgerung am Ende zieht. Meiner Ansicht nach entwickelte sich die Geschichte ab einem gewissen Zeitpunkt stark in eine Richtung, bei der zwischen dem gewaltigen Marlin und dem zähen alten Mann, eine Symbiose hergestellt wurde, so dass man die beiden Figuren nicht mehr voneinander trennen konnte. Beide “Charaktere“ erlitten in ihrem Kampf auf See immer wieder Niederlagen und regenerierten sich, beiden ist jedoch gemein, dass sie nach und nach im Laufe des Kampfes an Kraft verlieren. Der alte Mann respektiert den großen Fisch auch derart, dass er in ihm einen ebenbürtigen Gegner sieht, und den Marlin als ein Lebewesen betrachtet, das so edel ist, dass es nicht einfach von irgendwelchen Leuten verspeist werden dürfe. Und als der alte Mann den Marlin mit letzter Kraft zurück ins Dorf bringt und nicht verhindern kann, dass Haie den Fisch bis aufs Skelett abfressen, habe ich einfach ein dunkles Ende erwartet, denn genauso wie der Fisch sich zersetzt und schwindet, sah ich auch die letzten Funken Leben im alten Mann schwinden. Und wenn der alte Mann mit letzter Kraft das schaurige Skelett des gewaltigen Schwertfisches an Land gebracht hätte und vor dem Morgenlicht verstorben wäre und die Bewohner des Dorfes, die unglaubliche Leistung des Mannes, den ein jeder nur noch verspottete, da er seit Monaten keinen Fisch mehr gefangen hatte, sehen würden und sie dies alle als Beweis für die Zähigkeit und Willenskraft des alten Mannes, bzw. generell Menschen mit denen man einfach immer noch rechnen muss, angesehen hätten und dies den Jungen womöglich auch noch angespornt hätte große Ziele zu erreichen, dann, aber nur dann hätte mich diese Geschichte wahrlich berührt. Dass der Mann zum Schluss aber einfach einschläft und sich freut bald wieder was mit dem Jungen zu unternehmen, hat für mich das Ende wirklich zerstört. Ein letzter großer Akt der Willenskraft, der den alten Mann im Dorf unsterblich gemacht hätte…sieht das jemand ähnlich, oder denke ich zu finster? Für mich als Leser war der Tod des Schwertfisches, der einfach für so viel mehr steht, einfach am Ende nicht teuer genug erkauft.

Graphische Umsetzung

Der erfahrene französische Grafiker und Illustrator Thierry Murat schafft es, Hemingways Geschichte in eindrucksvollen, großflächigen Bildern umzusetzen, wobei es dem Künstler bei der Ausgestaltung weniger um Detailreichtum, sondern um Ausdruckskraft ging. Auffällig ist die starke Prägnanz der Tusche und der wenigen Farbtöne, die das Werk in eine gelungene Monotonie hüllen. Durch den Einsatz von dominierenden Farben erreicht Murat auch ganz eindeutige Stimmungen. So verwendet der Künstler z.B. warme und erdige Farben, beim Kontakt des Jungen und dem alten Mann sowie feurige Töne in den Träumen des Mannes. Kalte Farbtöne dominieren die erfolglose Zeit des alten Fischers auf See, die wiederum in warme Farben übergehen als der Fischer den Marlin erlegte.

Hier erblickt der alte Santagio zum ersten Mal den gewaltigen Marlin, den größten Fisch den er jemals am Haken hatte. Der Blaue Marlin, von dem hier die Rede ist, gehört übrigens zur Familie der Speerfische und erreicht eine Länge von fast 4 Metern bei einem Gewicht von nahezu 600 kg. Einige Fischer berichten aber von noch größeren Exemplaren…

Hier erblickt der alte Santiago zum ersten Mal den gewaltigen Marlin, den größten Fisch den er jemals am Haken hatte. Der Blaue Marlin, von dem hier die Rede ist, gehört übrigens zur Familie der Speerfische und erreicht eine Länge von fast 4 Metern bei einem Gewicht von nahezu 600 kg. Einige Fischer berichten aber von noch größeren Exemplaren…

Veröffentlichung

Die Graphic Novel “Der Alte Mann Und Das Meer: Nach Ernest Hemingway“ von Thierry Murat ist beim Knesebeck Verlag als gebundener Hardcover Band (Format: Höhe: ca. 27 cm; Breite: ca. 20 cm) erschienen. Druck- und Papierqualität des Werkes, welches 128 Seiten umfasst, sind sehr gut. Eine gute Buchvorschau, mit welcher ihr euch einen hervorragenden Eindruck vom Werk verschaffen könnt, findet ihr auf der Produktseite des Verlages.

Fazit

Thierry Murat schafft es, Hemingways weltbekannten Klassiker in atmosphärischen Bildern umzusetzen und eine durchaus imposante Graphic Novel zu erschaffen. Doch die literarische Vorlage verpasst meiner Meinung nach eine große Chance und lässt mich als Leser am Ende etwas enttäuscht zurück.

Wer aber eine stimmungsvolle Umsetzung des Originals sucht und mit dem vielfach ausgezeichneten Werk von Ernest Hemingway zufrieden ist, der findet in “Der Alte Mann Und Das Meer: Nach Ernest Hemingway“ von Thierry Murat wohl eine lohnenswerte Anschaffung.

Verlag/ Label: Knesebeck Verlag
Autor: Buchvorlage: Ernest Hemingway; Umsetzung als Graphic Novel: Thierry Murat
Veröffentlichung: 14.03.2016
Seitenzahl: 128
ISBN: 978-3-86873-927-5
Altersfreigabe: unbekannt
Webseite: http://www.knesebeck-verlag.de/der_alte_mann_und_das_meer/t-1/449
Webseite 2: Amazon
Webseite 3: http://www.hemingwayhome.com
Copyright Artikelbild: Knesebeck GmbH & Co. Verlag KG
Copyright andere Bilder: Knesebeck GmbH & Co. Verlag KG

  • 7/10
    Handlung - 7/10
  • 7/10
    Intensität und Atmosphäre - 7/10
  • 8/10
    Graphische Ausarbeitung - 8/10
  • 7/10
    Charaktere - 7/10
  • 10/10
    Druckqualität und Haptik - 10/10
7.8/10

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