Der imposante Comicband “Ein Mann Namens Cervantes“ ist genau die richtige Lektüre für alle Freigeister unter uns, die unsere Gesellschaft in der wir leben auch mal hinterfragen und der “Bemutterung“ durch den Staat nicht immer besonders viel abgewinnen können. In der rundum gelungenen Geschichte von Comicautor Christian Lax erleben wir nämlich, wie es ein Mann alleine gegen alles Unrecht in der Welt aufnimmt und sich dabei ganz in der Tradition eines Don Quijote del la Mancha auch etwas übernimmt:
Handlung
Mike Cervantes ist ein wenig ambitionierter Überlebenskünstler, der einen Job als Cowboy in einem Touristendorf in Arizona ausübt. Genervt von zu viel Staatsgewalt, die sich in sein Leben einmischt, lässt Mike sein altes Dasein hinter sich, tritt dem Militär bei und landet kurz darauf im Krieg in Afghanistan. Bei einem Angriff der Taliban verliert Mike Cervantes nicht nur sein gesamtes Team, sondern auch noch seinen linken Arm. Zahlreiche Fluchtversuche aus der darauf folgenden Gefangenschaft schlagen fehl, doch schließlich wird Mike als Geisel von seinen Häschern zurück an sein Heimatland verkauft, wo er als deprimierter und entstellter Kriegsveteran landet. Dort verbringt er lange Zeit in vollkommener Isolation, alleine in seinem Wohnwagen, lediglich sein alter Freund Randy darf ihn mit dem Nötigsten versorgen.
Nach und nach erholt sich Mike, doch in ihm reift auch immer mehr Frustration über fruchtbare Ereignisse in der Welt, die einfach nicht sein sollten und als sein Kumpel Randy eines Tages wegen dreister Praktiken seiner Bank auch noch seine Autovermietung verliert, dreht Mike vollkommen durch und zerlegt den Geldautomaten jenes Geldinstitutes. So landet Mike Cervantes mal wieder im Gefängnis. Ob es nun die Lektüre von Miguel de Cervantes‘ Biographie (dem Autor von “Don Quijote“), der Kontakt zu den zahlreichen Büchern in der Gefängnisbibliothek oder auch Mikes Natur und Vorgeschichte waren, jedenfalls reifte in dieser Zeit in ihm ein gnadenloser Sinn für Gerechtigkeit heran, der ein für alle Mal die Ausbeutung der Schwachen durch die Mächtigen stoppen will. Und so wandert Mike Cervantes nach seiner Freilassung auf den Spuren seines Vorbildes Don Quijote de la Mancha und nimmt es ganz alleine selbst mit den mächtigsten auf…
Ein moderner Held
Wenn es Mike Cervantes wirklich geben würde, wäre er gewissermaßen ein Vorbild für mich. Ganz klar, Mike Cervantes ist mir extrem sympathisch und ich freue mich ihn kennengelernt zu haben, auch wenn er “nur“ gemalt und erdacht wurde. Schließlich ist es egal, ob eine Figur rein fiktiv ist oder nicht, beide Arten können auf uns gleich viel Einfluss ausüben und uns inspirieren.
Die Comicfigur repräsentiert tatsächlich einen modernen Helden, ein Art Robin Hood der Neuzeit oder natürlich auch eine aktuelle Version des Don Quijote de la Mancha, der gegen einen übermächtigen Feind antritt. Dabei geht es aber nicht darum die Siegeschancen falsch kalkuliert zu haben, vielmehr bewundern wir den Mut des Mannes, der sich gegen den unbesiegbar scheinenden Feind stellt. Mike Cervantes kämpft ganz getreu seiner Prinzipien gegen das Unrecht in unserer Welt, er legt sich mit dem Staat an, rächt Leute, die von geldgierigen Institutionen ausgesaugt wurden und bekämpft nicht zuletzt die staatliche Zensur, bei der eine Handvoll Leute sich mal wieder anmaßen über ganze Völker zu entscheiden. Passenderweise haben Sven Jachmann vom Splitter Verlag, bei dem der Comicband “Ein Mann Namens Cervantes“ auch erscheint, uns vor kurzem in einem Interview unter anderem auch über das Thema “Zensur“ unterhalten. Ich kann euch an dieser Stelle nur empfehlen euch dieses ebenfalls zu Gemüte zu führen.
Mike Cervantes mag vielleicht etwas den Anarchisten in uns ansprechen, doch ist es auch mehr als gesund, nicht einfach alles über sich ergehen zu lassen und immer die Dinge zu hinterfragen, egal aus welchem Bereich sie stammen. Denn wer alles über sich ergehen lässt ohne nachzudenken und auch mal vermisst fremde Entscheidungen anzuzweifeln, seine Meinung vernachlässigt abzugeben, der braucht sich nicht wundern, wenn er sich eines Tages in einer fremden Welt wiederfindet, in der er nicht mehr leben will.
Don Quijote
Der Autor und Zeichner von “Ein Mann Namens Cervantes“, Christian Lax, vermag es ganz ausgezeichnet sein Werk mit zahlreichen Einflüssen aus Miguel Cervantes “Don Quijote“ (das ist ein verkürzter Titel, eigentlich heißt das Werk “El Ingenioso Hidalgo Don Quixote De La Mancha / Der Sinnreiche Junker Don Quijote Von Der Mancha“) aus den Jahren 1605 (erster Teil) und 1615 (zweiter Teil) zu verbinden. Dabei treten sowohl Elemente und Inhalte aus seinem Werk, aber auch aus dem Leben von Miguel Cervantes (dem wohl bedeutendsten Dichter der gesamten spanischen Geschichte) selbst im Comic “Ein Mann Namens Cervantes“ auf. Miguel Cervantes ereignisreiches Leben prägte sein Werk “Don Quijote“ und beide nehmen wiederum Einfluss auf Mike Cervantes (man beachte die Ähnlichkeit der Namen), der gleichzeitig zum modernen Miguel Cervantes als auch zum Don Quijote de la Mancha wird. Mike sehen wir im Comic sogar des Öfteren in der Zwiesprache mit dem historischen Miguel Cervantes und es scheint so als würde Mike auch wichtige Stationen des Lebens von Miguel Cervantes durchleben (z.B. weist Mikes Aufenthalt im Afghanistan Krieg große Ähnlichkeiten zu Miguel Cervantes Teilnahme an der Seeschlacht von Lepanto gegen das Osmanische Reich auf) , was im Endeffekt dazu führte, dass sie zu den interessanten Menschen geworden sind, von denen wir in “Ein Mann Namens Cervantes“ erfahren.
Zeichnungen
Von Christian Lax stammen auch die Zeichnungen in “Ein Mann Namens Cervantes“, wobei der französische Autor und Illustrator auch dieses Gebiet vorzüglich zu meistern weiß. “Ein Mann Namens Cervantes“ wurde in Schwarz-Weiß und vielen Grautönen dazwischen gestaltet, die keinerlei Farbe missen lassen. Dabei ist es weniger das Spiel zwischen Licht und Schatten, das bei Christian Lax Verwendung findet, sondern es sind eher ausdrucksstarke und charismatische Zeichnungen sowie ehrliche Figuren, die beeindrucken. Wie die Zeichnungen in “Ein Mann Namens Cervantes“ entstanden sind, kann ich nur mutmaßen. Ich gehe aber davon aus, dass hier Christian Lax zunächst mit Bleistift gearbeitet hat und die Grauabstufungen sowohl mit dem Pinsel (besonders beim Himmel und den Landschaften) als auch digital (z.B. bei der Kolorierung der Figuren) hinzugefügt wurden.
Einen kleinen Eindruck von Christan Lax‘ Zeichenkünsten seht ihr in folgendem Video:
Christian Lax - Dédicace (France5, 2008)
https://www.youtube.com/watch?v=0U2zVXc8Ws0
Veröffentlichung
“Ein Mann Namens Cervantes“ erscheint beim Splitter Verlag in Form eines Hardcover Comicbandes (Format: Höhe: 28,2 cm; Breite: 20,3 cm; Dicke: 2,2 cm) in sehr guter Druck- und Papierqualität. Der Band umfasst 208 Seiten und enthält am Ende noch ein schönes Artwork vom alten Don Quijote de la Mancha auf seiner Stute Rosinante.
Eine kleine Lesevorschau findet ihr auf der Produktseite des Splitter Verlages.
Fazit
Erstaunlich klug inszenierte Begegnung mit einem wahren Klassiker der Weltliteratur, welche in ein modernes Gewand gekleidet wurde.
Verlag/ Label: Splitter Verlag
Autor: Christian Lax
Veröffentlichung: 01.03.2016
Seitenzahl: 208
ISBN: 978-3-95839-230-4
Altersfreigabe: unbekannt
Webseite: http://www.splitter-verlag.eu/ein-mann-namens-cervantes.html
Webseite 2: Amazon
Webseite 3: http://www.cervantesvirtual.com
Copyright Artikelbild: Splitter Verlag GmbH & Co. KG
Copyright andere Bilder: Splitter Verlag GmbH & Co. KG
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