Unsere neue Brettspielabteilung (es werden noch viele weitere Brettspiele folgen, bleibt also gespannt, was noch so alles kommt!) beginnen wir mit einem Eintrag aus einer großen Franchise, die mittlerweile jedem unserer Stammleser ein Begriff sein sollte. Basierend auf der Comicreihe des Autors Robert Kirkman eroberte “The Walking Dead“ zunächst die TV-Welt und von da an viele andere Bereiche, darunter tolle Figuren, Brettspiele, Videospiele und vieles mehr. Bei Interesse, werft doch auch mal einen Blick auf meine Rezension des “The Walking Dead Pop-Up Book“.
Wir werden uns noch viel, viel mehr mit dem Phänomen “The Walking Dead“ auseinandersetzen und euch in baldiger Zukunft auch das eigentliche Comicwerk detailliert vorstellen. Heute jedoch begegnen wir dem Zombie-Terror mit dem per Kickstarter finanzierten Miniaturen Spiel “The Walking Dead: All Out War“ von Mantic Games auf dem Spieltisch:
Survival Horror auf dem Spieltisch
In “The Walking Dead: All Out War“ begeben wir uns thematisch in die Anfangsphase von “The Walking Dead“, als sich der im Krankenhaus aufgewachte Rick Grimes inmitten der Zombie-Apokalypse wiederfindet und es schafft das Camp der Überlebenden in der Nähe von Atlanta zu erreichen. Da sowohl hier im Review, als auch im Spiel selbst, immer wieder von späteren Passagen der Comicreihe und deren Adaption als TV-Serie von AMC die Rede ist, gilt natürlich für jeden, der diese in der Handlung weiter fortgeschrittenen Teile der Geschichte von “The Walking Dead“ noch nicht kennt, große Spoiler-Gefahr.
In den Szenarien des Hauptspiels befinden wir uns also noch nicht auf Herschel‘s Farm, sondern in der Zeit, als sich die Überlebenden noch nicht sicher in der neuen Welt mit all ihren Gefahren bewegten und ein jeder Tag der letzte sein konnte. Gelagert haben sie in dieser Zeit in einem Camp in der Nähe der Stadt Atlanta.
Dank diverser Addons, auf die wir später noch etwas eingehen werden, ist aber möglich viele weitere Szenarien aus dem “The Walking Dead“-Universum nachzuspielen. Das Miniaturen-Brettspiel “The Walking Dead: All Out War“ ist aber so flexibel, dass man durchaus auch eigene Szenarien bilden kann. In der umfangreichen Anleitung findet man dazu auch viele Vorschläge.
Ausstattung
Bevor es zum eigentlichen Spielvorgang geht, werfen wir zunächst einen Blick auf den Inhalt der “The Walking Dead: All Out War“ Core Box. Bei Miniaturen-Spielen (ich werde mich auf Raben Report hauptsächlich auf Brettspiele mit Miniaturen und Tabletops konzentrieren) werfen wir natürlich auch einen genaueren Blick auf die beiliegenden Figuren, die für viele Sammler den eigentlichen Grund der Anschaffung darstellen können. In der Grundbox sind folgende Elemente enthalten:
- eine Spielfläche aus Papier, auf der eine Straße zu sehen ist
- 6 Überlebenden Miniaturen (Rick, Carl, Derek, Patrick, Liam und Sandra)
- 12 Beißer bzw. Zombies Miniaturen
- ein Heft mit Schnellstartregeln sowie eine Infobroschüre mit Informationen zu weiteren Produkten von “The Walking Dead: All Out War“
- ein Heft mit sämtlichen Spielregeln
- diverse Marker und Plättchen aus Pappe
- eine Anzeige zur Einstellung des Bedrohungslevels aus Pappe mit einem Plastikpfeil
- diverse Karten
- mehrere Würfel
- Mantic Points (Sammelmarken, die man beim Kauf von Produkten von Mantic Games erhält und mit denen man spezielle Prämien eintauschen kann)
Alle Spielelemente finden in der schön illustrierten Box Platz, die auch Plastikfächer zum Verstauen der Miniaturen bietet.
Vor dem Beginn
Nach dem Öffnen der Verpackung stößt unser Blick zunächst auf die 18 tollen Plastikminiaturen. Während mir Rick und Carl als erfahrener “The Walking Dead“-Fan natürlich ein Begriff sind, war ich zunächst etwas verwirrt, wen denn die anderen vier Personen eigentlich darstellen sollen. Bei den Nachforschungen ergab sich, dass es sich bei Derek um den Anführer der Gruppe von Kannibalen handelt, die der Gruppe um Rick und seinen Freunden im späteren Verlauf der Handlung auflauern. Patrick und Sandra gehören ebenfalls zu dieser Gruppe. Und bei Liam handelt es sich um irgendeinen Typ, der im Comic wohl mal einen Mini-Auftritt hatte, bei dem er sicher kurz darauf auch von Zombies gefressen wurde. Liam dient im Spiel als neutrale Unterstützungsfigur, die man einer beliebigen Gruppe zuordnen kann. Aufgrund seiner schlechten Werte, wird der Typ ohnehin nicht viel ausrichten können. 🙂
Und da kommen wir auch schon zu einem Problem der Grundbox: Warum finden wir hier abgesehen von Rick und Carl nur so total unbekannte Charaktere? Schließlich finden wir im Comic “The Walking Dead“ eine große Auswahl bekannter und beliebter Charaktere, sowohl auf der Seite der "Guten" als auch der "Bösen". Ein Blick auf die Erweiterungssets zeigt uns aber, dass es in “The Walking Dead: All Out War“ sehr wohl viele weitere beliebte Charaktere als Spielfiguren gibt, diese müssen wir aber erst zusätzlich erwerben. Mantic Games hätte meiner Meinung nach den Umfang der Grundbox einfach vergrößern müssen, da man mit den jetzigen Inhalten einfach zu schnell an seine Grenzen stößt.
Die Figuren sind im 30 mm Maßstab und weisen je nach dargestelltem Charakter eine Höhe von knapp unter 4 cm auf. Sie wurden gut modelliert und man erkennt die dargestellten Personen sehr gut. Toll sind auch die zwölf verschiedenen Zombiefiguren, die jeweils ein komplett anderes Aussehen besitzen. Die Figuren wurden aus grauem Plastik gefertigt und eigenen sich sehr gut zur Bemalung.
Nachdem wir einen genaueren Blick auf die Figuren geworfen haben, befreien wir auch die weiteren Spielelemente aus ihren Formen und Verpackungen und wenden uns danach der Anleitung zu.
Spielablauf
In der Grundbox finden wir neben einer genauen Anleitung auch einen dünneren Guide zum Schnellstart mit einem abgespeckten Regelwerk. Im diesem Heft lernen wir sämtliche Grundregeln, die wir später mit zahlreichen Sonderregeln vertiefen können. Im Folgenden möchte ich euch den prinzipiellen Spielablauf näherbringen, damit ihr ein Gefühl bekommt, wie “The Walking Dead: All Out War“ funktioniert. Das Spielt bietet aber zahlreiche Möglichkeiten von diesen Grundregeln abzuweichen und alternative Wege zu beschreiten.
“The Walking Dead: All Out War” ist ein Spiel für 1-2 Spieler, wobei man ohne größeren Aufwand auch weitere Spieler hinzufügen kann. Richtig cool ist auch die Gegner-KI, die greift, sobald wir das Spiel alleine gegen die Untoten Horden spielen. Sobald ein zweiter Spieler hinzukommt, kann dieser entweder weitere Überlebende zur Unterstützung übernehmen oder auch feindliche Gruppen von Plünderern steuern, die sowohl gegen die Zombies als auch die Figuren des ersten Spielers antreten. Ihr seht als schon, dass “The Walking Dead: All Out War“ bei der Auswahl der Szenarien und der Spielfiguren schon zu Beginn viele Möglichkeiten bietet.
Zu Beginn wird ein Szenario gewählt, von denen wir in der Anleitung diverse Anregungen finden. In der Anleitung und im Schnellstartleitfaden finden wir zwar auch ganz einfache Grundszenarien, diese werden euch aber nicht sehr lange bei Laune halten, da sie auch nicht besonders komplex sind. Ich hätte an dieser Stelle aber gerne auch ein umfangreiches, ausgearbeitetes Szenario gesehen, allein schon um zu sehen, was das Spiel denn so allen an Möglichkeiten bietet. Mit etwas Fantasie und Erfahrung im Rollenspiel- und Tabletop-Bereich wird es euch aber recht leichtfallen, auch komplexere Szenarien zu erstellen.
Nachdem man sich für ein Szenario entschieden hat werden die Spielelemente auf dem Spielfeld platziert. Hierzu stehen uns Barrieren, wie Autos und Gerümpel, zur Verfügung. Des Weiteren werden je nach Szenario auch Supply-Marker, die Vorräte enthalten, platziert. Zombies, Überlebende sowie Plünderer machen das Spielfeld komplett. Danach werden die übrigen Spielelemente am Spielfeldrand platziert bzw. an die Spieler selbst verteilt.
Der generelle Spielablauf gliedert sich dabei in Runden, die aus einzelnen Sequenzen bestehen. Zunächst darf der Spieler mit der Initiative (diese wird in der ersten Runde durch Szenario-Regeln bestimmt und wechselt dann jede Runde, bzw. hat ein Spieler, der alleine gegen die Zombies kämpft, immer die Initiative) jede seiner Spielfiguren bewegen und anschließend mit dieser eine Aktion (z.B. Schießen, Supply-Marker aufheben) ausführen. Diese erste Phase wird als Action-Phase bezeichnet.
In der darauffolgenden Event-Phase sind die Beißer an der Reihe und bewegen sich entsprechend der Regeln in Richtung der Menschen. Hierbei spielen Geräusche eine große Rolle, denn diese locken die Untoten Horden in eure Nähe. Nach der Fortbewegung der Zombies, wird eine Event Karte gezogen, die ein bestimmtes Ereignis startet und dem Spiel dynamische Wendungen verleiht. Die Ereignisse richten sich auch nach dem Bedrohungslevel, das im Spielverlauf ständig ansteigt. So steigt die generelle Bedrohung im Spielverlauf immer weiter an und sorgt für nervenzerreißende Spannung.
In der dritten Phase einer jeden Runde werden die Nahkämpfe ausgefochten, die in “The Walking Dead: All Out War“ eine große Rolle einnehmen, schließlich sind Schusswaffen in der Postapokalypse echte Mangelwahre (ja, selbst in den USA :)). Die Kämpfe werden nach speziellen Regeln ausgeführt und die Ergebnisse mit einem Würfelwurf bestimmt, der auch den jeweiligen Kampfschaden bestimmt.
In der sog. Endphase werden alle Zustandsveränderungen geklärt und etwaige Siegbedingen gecheckt. Hier wird z.B. geprüft, ob niedergeschlagene Beißer wieder aufstehen (diese werden erst bei einem Headshot vom Spielfeld genommen, schließlich kann man die Untoten nur durch die Vernichtung des Gehirns endgültig töten) oder gebissene Spielcharaktere Lebenspunkte verlieren (die Amputation einer Gliedmaße ist sogar eine übliche Aktion im Spiel ^^). Des Weiteren greifen in dieser Phase bestimmte Effekte durch die Eventkarten. Wenn das Spiel nicht beendet wurde (Siegbedingungen wurden erfüllt oder alle Spielfiguren eines Spielers wurden getötet) geht die Initiative an den darauffolgenden Spieler und die nächste Runde wird gestartet.
Dies ist also der generelle Spielablauf, der durch zahlreiche Spielbedingungen, Regeln und Fähigkeiten weiter verfeinert wird. So stehen euren Helden z.B. verschiedene Fähigkeiten zur Verfügung, die sich je nach Spielfigur unterscheiden. Rick Grimes ist als abgebrühter Anführer beispielsweise in der Lage das Bedrohungslevel zu senken und erhält im Zusammenspiel mit seinem Sohn Carl eine Stärkung im Nahkampf und der Verteidigung. Richtig interessant wird das Spiel aber erst durch die zahlreichen Erweiterungssets, in denen man weitere Charaktere und Szenarien erwerben kann. Dann kann man auch größere “Schlachten“ inszenieren und ein Punktesystem anwenden, wie man es aus verschiedenen Tabletop-Spielen kennt und eine “Armee“ aufbauen, die einen bestimmten Punkteumfang umfasst. Gemäß dem Punktelimit baut man sich dann eine Gruppe aus Überlebenden, wobei stärkere Charaktere wie Rick Grimes (50 Punkte) natürlich mehr kosten als schwächere Einheiten, wie z.B. Carl Grimes (12 Punkte).
Kritik
Beim Praxistest der Grundbox von “The Walking Dead: All Out War“ fiel sehr schnell auf, dass die im Grundspiel enthaltenen Figuren kaum ausreichen und ein komplexeres Spielerlebnis verwehren. Allein die zwölf Zombies stoßen schnell an ihre Grenzen, denn in verschiedenen Spielsituationen ist es erforderlich, dass weitere Untote auf dem Spielfeld auftauchen und das ist ohne weitere Figuren ab einen gewissen Zeitpunkt einfach nicht mehr möglich. Als Spieler könnte man natürlich mit irgendwelchen anderen Figuren oder Markern improvisieren, aber das ist bei einem möglichst authentischen “The Walking Dead“-Erlebnis auch echt Quatsch. Aus diesem Grund würde ich euch wirklich raten, gleich zu Beginn die “The Walking Dead: All Out War - Kickstarter Edition“ oder das “The Walking Dead: All Out War – Give Me Everything Bundle“ zu holen, die zwar preislich deutlich höher liegen, euch aber einfach viel, viel mehr Spielmöglichkeiten bieten. Hier erhaltet ihr nicht nur zahlreiche Figuren aus der beliebten Comicreihe, sondern auch weitere Zombies und ergänzende Szenarien. Mit den Erweiterungen und Boostern ist es dann auch möglich Szenarien wie etwa bei Herschel Greene’s Farm, dem Gefängnis oder in Woodbury zu spielen. Und mit Charakteren wie Abraham und Negan wirft man sogar einen Blick weiter in die dramatische Geschichte von “The Walking Dead“.
Ein weiteres Problem sehe ich im Bedrohungslevel und dem damit verbundenen Frust, bei größeren Spielsitzungen, die einfach länger andauern. Ich befürchte hier wird man gegen Spielende einfach überrannt, egal was man unternimmt. Aber gerade dieser Effekt könnte auch für Spannung sorgen, schließlich ist “The Walking Dead: All Out War“ ja eigentlich kein Strategie Spiel indem wir Schlachten zwischen Menschen und Zombies ausfechten, sondern bleibt der Vorlage getreu ein taktischer Survival Horror.
Als sehr gelungen hat sich das durch die Regeln bestimmte Verhalten der Untoten Beißer herausgestellt. Die Zombies reagieren im Spiel gemäß der literarischen Vorlage und werden vor allem auf Geräusche aufmerksam und bewegen sich auf den Geräuschherd in einer geraden Linie zu. Hindernisse stoppen die Zombies zunächst, anschließend müssen sich erstmal um dieses herumbewegen, wohingegen die lebendigen Spielfiguren hier deutlich agiler agieren können und die Hindernisse wie Autos und Schrottteile zu ihrem Vorteil nutzen sollten. Dank dem ausgereiften Gegnerverhalten kann man “The Walking Dead: All Out War“ ohne Probleme auch vollkommen alleine spielen.
Veröffentlichung
“The Walking Dead: All Out War“ erscheint bei Mantic Games mit Sitz in Großbritannien. Aktuell könnt ihr mit der Grundbox, der “The Walking Dead: All Out War - Kickstarter Edition“ sowie dem “The Walking Dead: All Out War - Give Me Everything Bundle“ drei verschiedene Versionen des Spiels mit unterschiedlichem Umfang erwerben. Mit dem Booster Bundle ”The Walking Dead: Give The Kickstarter Edition A Boost” könnt ihr die Grundbox oder die “The Walking Dead: All Out War - Kickstarter Edition“ auch erweitern. Zusätzliche kleine und große Erweiterungen werden folgen. Einen Überblick erhaltet ihr hierzu auf der Seite der Kickstarter Kampagne von “The Walking Dead: All Out War“, wo das Spiel auch finanziert wurde. Sämtliche Anleitungen und Spieltexte sind auf Englisch.
Fazit
Dank der gut ausgearbeiteten Spielregeln bietet “The Walking Dead: All Out War“ echtes “The Walking Dead“-Feeling und das wahlweise sogar für einen einzelnen Spieler. Die gute Ausstattung mit den authentischen Miniaturen und coolen Zombies sorgt zudem bei Fans und Sammlern für Freude. Allerdings stößt die Grundbox aufgrund ihrer spärlichen Auswahl an Miniaturen schnell an ihre Grenzen, so dass für ein umfangreiches Spielerlebnis mit Langzeitmotivation der Erwerb der zahlreichen Erweiterungen nötig ist. Mit ausreichend Erweiterungen würde ich “The Walking Dead: All Out War“ vermutlich sogar eine “8“ in der Kategorie "Langzeitmotivation" geben, mit den Inhalten der Grundbox ist das aber leider nicht möglich.
Und hier sehen wir noch ein Video mit Infos zu “The Walking Dead: All Out War“ von Mantic Games:
The Walking Dead: All Out War Miniatures Game by Mantic Games:
https://www.youtube.com/watch?v=vJ5_MfqQFbw
Verlag/ Label: Mantic Games
Veröffentlichung: 28.11.2016
Spieleranzahl: 1-2 (mit Erweiterungen auch weitere Spieler möglich)
Spielzeit: 30-60 Minuten (mit Erweiterungen auch mehr möglich)
Altersfreigabe: ab 14 Jahren
Webseite: http://www.manticgames.com/mantic-shop/the-walking-dead/product/the-walking-dead-all-out-war-miniatures-game-core-set.html
Webseite 2: https://www.kickstarter.com/projects/1744629938/the-walking-dead-all-out-war-miniatures-game?lang=de
Copyright Artikelbild: Robert Krikman, LLC; Skybound, LLC
Copyright andere Bilder: Bilder 1-6: borbarad666; Bild 7: Skybound, LLC, Robert Krikman, LLC
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