MACHINEFABRIK – Interview

In den Niederlanden gibt es nicht nur viele Tulpenfelder und leckeren Käse, nein, auch die ambienten Klangwelten haben dort Einzug gehalten. Ein interessantes Projekt ist MACHINEFABRIEK und nachdem erst kürzlich ein weiterer Auswurf auf Cold Spring erschienen ist, war der Zeitpunkt günstig, mal den kreativen Kopf dahinter zu löchern. Ein kleines, aber feines Interview war die Folge.

blizzard: Hallo Rutger. Verrate uns doch bitte zuerst etwas zur Geschichte von MACHINEFABRIEK. Warum hast du dich dabei für ein Soloprojekt, und nicht für eine Band entschieden?

Rutger: Zunächst einmal habe ich in mehreren Bands gespielt. Aber ich fand heraus, dass ich im Alleingang flexibler bin. Und keine Kompromisse zu machen, das ist eine wirklich feine Sache. Machinefabriek startete im Jahr 2004. Das war, als ich den Namen wählte. Das Wort stand an einem Gebäude, in dem ich immer Lebensmittel einkaufte. Ich mochte das Wort und mein richtiger Name (Rutger Zuydervelt) ist im Ausland praktisch unaussprechlich. In jungen Jahren hatte ich Klavier- und Gitarrenunterricht, aber meine eigene Musik bekam erst wirklichen Wert, als ein Klassenfreund mir ein Softwareprogramm gab, um Musik damit zu machen. Das muss so 1995 oder so ähnlich gewesen sein. Von da an hat sich die Musik von Triphop und Drum & Bass bis zu der eher experimentellen elektroakustischen Electronica und sonstiger Musik, die ich jetzt gerade mache, entwickelt...

blizzard: Warum hast du angefangen, Musik zu erschaffen? Was war deine musikalische Ausbildung und deine erste musikalische Studie?

Rutger: Siehe oben

blizzard: Wer hatte die Idee, das Album "Vloed" neu aufzulegen und wie wichtig ist deiner Meinung nach die Liveumsetzung einer musikalischen Arbeit?

Rutger: Cold Spring fragte mich nach der Veröffentlichung von "Daas", ob ich noch mehr Material hätte. Ich fand es immer schade, dass die erste Version von "Vloed" ausverkauft war, weil es eine gute Möglichkeit war, diese auf Konzerten zu verkaufen (weil es eben diese Liveaufnahmen sind) und im Grunde bin ich auch wirklich stolz auf die Tracks der CD. Mit dieser zweiten Auflage konnte ich die Tracks remastern, die Aufmachung verbessern und noch einen Bonus Track hinzufügen. Konzerte sind da ganz klar etwas anderes als Musik zu Hause zu erstellen. Grundsätzlich sind alle Liveaufführungen eingeschränkt. Ich benutze ein einfaches Setup (meist Gitarre, einige Effektpedals) und versuche, eine Reise damit zu erstellen. Die Musik nimmt mich mit, wo immer es geht, und es kann immer improvisiert werden. Es kann natürlich nervaufreibend sein, weil viele unerwartete Dinge passieren können, aber wenn es gut geht, ist die Befriedigung enorm. Ein wirklich starker Moment, etwas zu erschaffen, das ich nicht bei der Arbeit von zu Hause mache. Sorgfältiges Editieren von Sounds, Ausschneiden und Einfügen, statt die Musik in Echtzeit zu kreieren. Eigentlich braucht man den Druck eines beobachtenden Publikums, um in diesen 'Modus' zu gelangen. Man ist wirklich konzentriert und vielleicht sogar mehr am Hören, um dann auch die richtigen Töne zu finden...

blizzard: Die Songs auf den Alben "Daas" und "Vloed" sind ja recht lang. Befürchtest du nicht, dich dabei selbst etwas zu limitieren in Bezug zum Hörer?

Rutger: Ich bin mir nicht sicher, was du damit meinst. Auf welche Weise sollte ich mich da beschränken? Ich glaube nicht. Einige der Tracks auf "Daas" waren auf der 3-Zoll-CDr Erstausgabe. Und die 20 + Minuten-Grenze dieser CDr ist eine sehr schöne Länge, um eine Geschichte zu erzählen. Die perfekte Länge für die Erschaffung beruht auf verschiedenen Wegen und einen schönen Ausklang. So ist es nicht wirklich einschränkend. Dieser Weg funktioniert bei mir ganz gut.

blizzard: Wie würdest du deine Werke denen vorstellen wollen, die noch nie deine Musik gehört haben. Kann man da von einem bestimmten Stil reden?

Rutger: Ich bekomme diese Frage oft gestellt und ich habe noch immer keine perfekte Antwort dafür. Manchmal sage ich den Leuten, dass ich Film-Musik mache, eben ohne Film. Ich versuche mit meinen Tracks eine Welt für sich zu erschaffen. Ich denke nicht wirklich über Genretitel nach, manchmal ist es eben Elektro-Akustisch, manchmal Electronica, manchmal Neoklassisch, manchmal Ambient, oder eben eine "leise Angelegenheit". Vielleicht nur "experimentelle elektronische Musik"?

blizzard: Die Cover der MACHINEFABRIEK Alben sind ja nun nicht wirklich so typisch für den Ambient, oder wie siehst du das?

Rutger: Ich bin mir da nicht so sicher, ob du recht hast, ich weiß nicht, was da so "fernab" sein soll. Aber egal, ich entwerfe die Designs selber. Ich bin gelernter Grafiker und die optische Seite ist natürlich ein wichtiger Aspekt der Musik. Also die Verpackung wird ja meist gleichzeitig zur Musik entworfen und viele Ambient-Musik-Cover sind da ein bisschen zu klischeehaft. Ich versuche, dies zu vermeiden und binde deshalb ein bisschen mehr persönliche Note mit ein. Man kann aufgrund des Covers genausowenig ein Buch beurteilen, aber ich denke, das ist genau das, was andere tun würden ...

blizzard: Hast du ein Ereignis in Erinnerung, dass im Nachhinein wichtig für die Geschichte von MACHINEFABRIEK wurde?

Rutger: Ja. Als ich Anne Laplantine live in Amsterdam spielen sah, ich glaube so 2005. Zu dieser Zeit war ich verzweifelt auf der Suche nach Möglichkeiten, um meine Musik Live darzubieten, aber ich hatte keine richtige Möglichkeit, es zu tun. Dann sah ich Anne spielen, mit Gitarre und einfachen Loopinglinien darüber. Da wusste ich, dass es genau das war, was ich brauchte und habe mir ein Looppedal besorgt. Also kaufte ich mir das gleiche, das sie verwendete. Für ein paar Jahre war das dann mein wichtigstes Utensil bei Konzerten.

blizzard: Du bist ein recht aktiver Musiker innerhalb der Ambientszene. Wie siehst du eigentlich die Entwicklung jenes Genres?

Rutger: Nicht wirklich. Ich bekomme eigentlich mehr Inspiration von dezenter, improvisierter Musik (wie auf dem einstigen Label) und experimentellem Jazz. Aber allgemein (also auch im Ambient) habe ich die Ansicht, dass Menschen durch Minimalismus mehr arbeiten. Aber es kann natürlich auch sein, dass ich das nur in diesen Tagen so sehe...

blizzard: Dark Ambient ist keine wirklich populäre Musikrichtung. Woran könnte das liegen?

Rutger: Ist es nicht? Ich weiß nicht. Es gibt eine Menge von Ambientkram, der auch in Filmen verwendet, aber vielleicht auch nicht immer bemerkt wird. Sicher sind manche nicht glücklich, wenn sie nicht mitsingen können, gibt es doch die meiste Zeit keine klaren Songstrukturen. Vielleicht ist es deshalb für die meisten Menschen nicht konkret genug... Ich weiß es nicht...

blizzard: Siehst du die Möglichkeit, philosophische Ideen des Lebens über Ambientsound zu fördern?

Rutger: Ich bin mir sicher, dass es Möglichkeiten dafür gibt. Aber nicht für mich. Ich möchte definitiv nicht jede philosophische oder politische Idee mit meiner Musik fördern. Ich sehe meine Musik als Audiowelt. Ich baue Umgebungen mit Tönen auf und experimentiere über die Umwelt bis hin zum Zuhörer. Eine Sache jedoch, die mich und vielleicht die Hörer meiner Musik inspiriert, ist die Idee von John Cage, dass es keine Stille gibt und jeder Ton, den es gibt, auch als Musik abgehört werden kann.

blizzard: Was kannst du uns über dein nicht-musikalisches Leben erzählen. Was ist deine Berufung außerhalb der Musik?

Rutger: Seit anderthalb Jahren ist die Musik nun meine Haupteinnahmequelle. Aber ich agiere auch immer noch als freiberuflicher Grafikdesigner. Davor arbeitete ich für fünf Jahre in einer Grafikdesign-Agentur in Amsterdam. Aber aufgrund der finanziellen Krise mussten ich und einige andere Mitarbeiter gehen. Ein trauriger Moment, aber am Ende hat alles besser geklappt, als ich es mir vorgestellt habe.

blizzard: Vielen Dank für das Interview. Hast du noch letzte Worte?

Rutger: Seid willkommen und danke fürs Lesen.

Artikelbild Copyright: Machinefabriek

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