“Wenn Arten sich vermischen, ist das wider die Natur!“ Dieser Satz, der genauso gut von einem beliebigen Nazi hätte stammen können, bestimmt das Leitthema der Comicreihe “ControNatura – Tierisch Menschlich“ der italienischen Comickünstlerin Mirka Andolfo. In ihrer dystopischen Welt ist es von der Regierung nämlich aufs strengste verboten, wenn sich Paare aus verschiedenen Arten zusammentun. Der Clou im Comicwerk der aufstrebenden Comickünstlerin ist aber, dass wir es in “ControNatura – Tierisch Menschlich“ nicht mit Menschen, sondern mit anthropomorphen Tierwesen zu tun haben, was das Werk mit dem schwierigen Grundthema nicht nur etwas zugänglicher macht, sondern auch noch um ein paar Sauereien bereichert. Was ich damit jetzt meine, erfahrt ihr aber nur, wenn ihr Euch mein Review zu “ControNatura – Tierisch Menschlich Band 1: Das Erwachen“ durchlest:
Handlung
Die junge Schweinedame Leslie träumt Nacht für Nacht davon, wie sie mit lediglich einem dünnen Brautschleier verhüllt von einem stattlichen Wolf verführt wird. Das Problem ist dabei nur, dass wenn Leslie sobald sie wieder aufwacht vollkommen alleine ist. Aber selbst wenn der Traum Wirklichkeit werden könnte, müsste diese Wunschvorstellung eben ein bloßer Wunschtraum bleiben, denn in Leslies Welt steht die Liebe zwischen Tieren unterschiedlicher Arten unter Strafe.
Die einzigen, denen sich Leslie wirklich anvertrauen kann sind ihre Mäusemitbewohnerin Trish und ihr Steinbockskumpel Derek (der schwul ist und damit seine ganz eigenen Probleme mit sich herumträgt, da Homosexualität in dieser Welt auch strengstens verboten ist), doch abgesehen davon, dass sie Leslie beistehen und trösten, können auch sie Leslies Problem natürlich nicht lösen. Erschwerend kommt nun hinzu, dass Leslie an ihrem 25. Geburtstag, der direkt vor der Tür steht, dazu gezwungen ist, sich beim Reproduktions-Programm zu melden, wo sie ihren durch den Staat ermittelten, perfekten Partner trifft, mit dem sie schnellst möglichst reine Nachkommen zeugen soll. Alternativen zu diesem Programm gibt es praktisch gar nicht, denn das Singleleben wird unter drakonische Strafen, wie immense Zusatzsteuern, gestellt und ohne Partner wäre man gesellschaftlich und beruflich fortan vollkommen isoliert. So bleibt Leslie nichts anderes übrig, als sich als “Zuchtsau“ bei der staatlichen Fortpflanzungsorganisation zu melden…
Währenddessen begibt sich Leslies Freundin Trish auf Spurensuche, denn auch ihr geht Leslies träumerische Besessenheit mit dem Wolfsliebhaber nicht mehr aus dem Kopf und um ihrer Freundin in dieser Sache zu helfen stellt sie selbst Nachforschungen an. Dass Trish mit dieser Aktion jedoch ein Hornissennest ansticht und sich in allerhöchste Gefahr begibt, ahnt sie zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht. Und auch Leslies Treffen mit ihrem zukünftigen “Auserwählten“ verläuft ganz anders als zunächst erwartet…
Verbotener Sex mit Tieren (mild Spoiler)
Eigentlich hätte ich gerne mit etwas spröden Witzen, so in der Art wie sehr die Miss Piggy aus dem Comic zu unserem guten, alten Oink aus John Mueller‘s “Oink: Himmels Schlachter“ gepasst hätte, angefangen, aber genauso wie sein eben genannter Comic-Vetter geht es auch in “Contronatura“ um ein sehr ernstes und schwieriges Thema, dem ich mich hier lieber mit mehr Ernst nähere. Die Comicautorin und Comiczeichnerin Mirka Andolfo liefert uns mit ihrem Werk “ControNatura“ nämlich ein hochbrisantes Drama, das gespickt mit Fantasy-Elementen, das Thema des Verbots der Mischung unterschiedlicher Rassen aufgreift. Im ersten Band der Reihe ist es noch vollkommen unklar, welche Beweggründe die Regierung zu diesen Maßnahmen verleiten, genauso wenig ist hier bisher die Rede von einer Art dominanter Rasse (bzw. Tierart), dennoch wird in “ControNatura“ das Thema der verbotenen, artübergreifenden Liebe und der ebenfalls mit Höchststrafen besetzten Homosexualität stark thematisiert und das nicht gerade zimperlich. Die junge Schweinelady Leslie und ihre Freunde haben es hier nämlich mit einem geradezu Orwell’schen Staatsapparat (Mirka Andolfo verwendet mit Sicherheit auch bewusst mit einem Satz wie “Alle Tiere sind gleich, solange sie die Gesetze befolgen“ artverwandte Inhalte aus George Orwells “Animal Farm“) zu tun, in dem ein jeder Bürger den anderen überwacht und Misstrauen zur Tagesordnung gehört.
Dass die Italienerin Mirka Andolfo in “ControNatura“ anthropomorphe Tiere zur Darstellung dieser unangenehmen, doch weltweit immer noch absolut präsenten Thematik, und keine Menschen unterschiedlicher Rassen (bzw. auch gerne von unterschiedlichem Stand, Religion oder Ähnlichem) wählt, macht das Thema zunächst für den Leser zugänglich und leichter verdaulich, wenn man sich jetzt aber die zum Teil ultrascharf aussehende, süße Schweinefrau Leslie ansieht (die dem Begriff “ geile Sau“ eine ganz neue Bedeutung verleiht ?) und welche Wirkung dies wiederum auf den Betrachter hat, so frage ich mich, ob die Autorin hier nicht bewusst mit den Neigungen des Lesers spielt und ihn mit der sexuell attraktiven Leslie selbst von der verbotenen Frucht der Anziehung von zwei Wesen unterschiedlicher Artherkunft kosten lässt, was wiederum einen Geniestreich selbst darstellt.
Ein Punkt in “ControNatura“, der mir bislang aber noch fragwürdig vorkommt und der dem Werk im Folgeband womöglich schaden könnte, ist der Einbezug mythischer Elemente, die dem ersten Thema von “ControNatura“ womöglich noch die Intensität entziehen könnten. Das ist jetzt allerdings reine Spekulation und wirkt sich auf keinen Fall negativ auf diesen Band aus. Womöglich zieht Mirka Andolfo hiermit auch noch einen Joker mit ins Spiel, dessen Auswirkungen ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht einschätzen kann.
Zeichnungen
Comickünstlerin Mirka Adolfo gestaltete neben der Handlung von “ControNatura“ auch sämtliche im Werk enthaltenen Zeichnungen, lediglich Gianluca Papi vom Arcania Studio leistet Unterstützung bei der Farbgebung des Comics. “ControNatura“ besitzt einen sehr klaren, hellen Look, der auch durch die starke digitale Nachbearbeitung herrührt, die dem Comicwerk zudem ein paar tolle optische Effekte (z.B. Lichteffekte, verschwommene Bilder usw.) spendiert. “ControNatura“ wirkt somit sehr modern und frisch, was ebenfalls vor dem Charakterdesign der anthropomorphen Tiere nicht Halt macht und diesen eine glaubwürdiges Aussehen spendiert. Gerade bei den Hauptfiguren und dabei spreche ich allen voran von der sexy Schweinedame Leslie, spielt Mirka Adolfo ihre Trümpfe aus und erschafft sympathische Figuren, mit denen man sich sofort (ja, trotz ihres tierischen Aussehens und das ist bei diesem Comic auch absolut essentiell) identifizieren kann. Unter Strich steht Mirka Andolfo’s “ControNatura“ also für ein gelungenes Beispiel für einen Comic im modernen Look.
Veröffentlichung
“ControNatura – Tierisch Menschlich Band 1: Das Erwachen“ erscheint beim Panini Verlag als Hardcover Comicalbum (Format: Höhe: ca. 32,3 cm; Breite ca. 23,2 cm). Die 96 Seiten des Werkes weisen eine gute Druck- und Papierqualität auf. Im Anhang mit dem Titel “ Extra Natura“ finden wir noch eine Skizzen- und Bildergalerie sowie eine Seite mit Infos zur Autorin Mirka Andolfo.
Neben der Standardausgabe ist bei Panini Comics auch eine auf 333 Exemplare limitierte Ausgabe erhältlich, die ein Variant -Cover vom Comicgroßmeister Milo Manara ziert.
Eine gute Leseprobe findet ihr auf der Seite von MyComics.de.
“ControNatura – Tierisch Menschlich Band 2: Die Jagd“ ist seit kurzem ebenfalls bei Panini Comics erhältlich.
Fazit
Mirka Andolfos “ControNatura“ präsentiert sich bereits im ersten Band als Musterbeispiel für einen modernen Comic, der sich auch nicht davor scheut hochbrisante Themen, wie das Verbot der Mischung unterschiedlicher Rassen, anzusprechen. Gekonnt verknüpft die italienische Comickünstlerin in ihrem Werk Inhalte zeitloser Klassiker mit einem frischen Comiclook und tollen Eigenkreationen, die vor allem im Bereich der Charakterausgestaltung in Erinnerung bleiben.
In Panini Comics TV Nr. 12 führt der Panini PR und Presse-Beauftragte Steffen Volkmer übrigens auch ein Interessantes Interview mit der Autorin Mirka Andolfo. Wenn Ihr also noch weitere Hintergrundinfos zu “ControNatura“ und der Autorin selbst sucht, seid ihr dort genau an der richtigen Stelle!
Panini Comics TV Folge 12: 20 Jahre Panini Comics, Interview Mike Deodato, Wonder Woman & mehr!
Verlag/ Label: Panini Verlag
Autor: Mirka Andolfo
Veröffentlichung: 23.05.2017
Seitenzahl: 96
ISBN: 978-3741602511
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Webseite: https://www.paninishop.de/artikel/dcontr001-contronatura-tierisch-menschlich-1
Webseite 2: https://www.paninishop.de/?s=artikel&g_artikel_id=122906
Webseite 3: Amazon
Copyright Artikelbild: Panini Verlags-GmbH; Mirka Andolfo
Copyright andere Bilder: Panini Verlags-GmbH; Milo Manara
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