Eigentlich bin ich bei uns auf Raben Report ja so rein gar nicht im Dark Ambient-Sektor unterwegs und auch generell wird man hier nur selten, in unseren umfangreichen Musikarchiven, eine geschriebene Zeile von mir finden. Heute wildere ich aber mal ganz frech im Stammbereich meines Kollegen blizzard und mache einfach auch mal eine Rezension eines vor kurzem erschienen Dark Ambient-Releases.
Warum ich dazu gekommen bin, erschließt sich sofort, wenn man einen Blick auf die Künstlerin wirft, die hinter diesem Musikprojekt steht: Zeena Schreck. Ich verfolge die zahlreichen Arbeiten der polarisierenden Femme fatale infernale nun schon seit Jahren (unter anderem auch in der Rezension ihres Buches "The Zaum Of Zeena") und achte das umfangreiche kreative Ausleben, was die Künstlerin in vielen Gebieten ausdrücken konnte (etwas was, ich jedem absolut nur empfehlen kann). Ob nun in Form von graphischer Gestaltung, dem Schreiben von Texten, dem Musizieren oder auch der Leitung/Begleitung/Ausarbeitung von komplexen Ritualen/magischen Zeremonien, Zeena Schrecks kreatives Arbeiten in und auf verschiedensten Medien ist wahrlich mannigfaltig und äußerte sich in dieser Komplexität unter anderem auch in den Arbeiten in der Band “Radio Werewolf“, an der Seite ihres Lebensgefährten Nikolas Schreck, einem der Grundsteine der Dark Ambient- und (Ritual-) Industrial-Genres.
Mit der Arbeit an vorliegendem Konzeptalbum, mit dem interessanten Titel ”Bring Me The Head of F.W. Murnau”, gibt es von Zeena Schreck nach langen Jahren wieder eine Veröffentlichung aus dem Dark Ambient Sektor. Zudem stellt dieses Album ihre erste Solo-Veröffentlichung dar. Gewidmet hat Zeena dieses Album dem Leben und Schaffen des legendären deutschen Filmregisseurs Friedrich Wilhelm Murnau und dem gruseligen Umstand, dass Murnaus Kopf im Jahr 2015 tatsächlich von Unbekannten aus dessen Grab in Stahnsdorf (bei Berlin) entwendet wurde und bis heute verschwunden ist…
Murnaus filmische Werke, die sich vorrangig im Horror-Bereich bewegten, gelten bis heute als wegweisend und inspirieren bis heute dieses populäre Genre und das eben nicht nur im Medium Film, sondern weit darüber hinaus.
Das Album
Zeena Schrecks ”Bring Me The Head of F.W. Murnau” besteht aus sechs musikalischen Stücken, gewissermaßen Akten der Gruselgeschichte, die auf dem Album in musikalischer Form erzählt wird und beim Hörer Welten des Schreckens und atmosphärischen Horrors entstehen lässt. Die sechs Stücke besitzen zusammen eine Spieldauer von 18 Minuten 21 Sekunden.
Den schaurigen Auftakt von ”Bring Me The Head of F.W. Murnau” bildet “A Letter To Mother“, in der in wirklich unheimlicher Stimme ein Auszug aus einem von Friedrich Wilhelm Murnaus Briefen an seine verehrte Mutter rezitiert wird. In diesem Schriftstück, das in Tahiti beim Dreh von Murnaus letztem Film “Tabu“ (1931) entstand, drehen sich Murnaus Gedanken sowohl um die Faszination des exotischen Eilands, aber doch viel mehr noch um das Heimweh, das ihn so sehr plagt.
Das darauffolgende “Ill Omens“ verbreitet richtige Horror-Atmosphäre und erinnert an die stimmungsvolle Atmosphäre der Filme Murnaus. Dieser Song ist für mich auch die Quintessenz diese Konzeptalbums und trifft die Aufgabenstellung auf den Punkt.
Titel III “A Drive Up The Coast“ startet mit jahrmarktähnlichem Orgelspiel , mit den Fahrgeräuschen eines Automobils und dem gegen Ende einsetzenden Nebelhorn kreiert Zeena Schreck im Laufe des Stückes aber eine herrlich unangenehme Stimmung.
Sofort zur Sache geht das folgende “Tabu“, das mich in von weiblichen Schreckensphantomen heimgesuchte, feuchte Friedhofskerker entführt. Zeenas einsetzende Stimme wandelt das Stück in Zusammenarbeit mit den einsetzenden Trommeln dann mehr und mehr in Richtung Ritualatmosphäre.
Maßgeblich für die Atmosphäre ist Zeenas Sprechgesang auch in V “The Phantom Bridge“, das mit ihrem Flüstern stellenweise gar ein wenig ASMR Stimmung aufleben lässt. Der fünfte Titel ist damit eher ruhig und schon fast entspannend. Inhaltlich widmet sich “The Phantom Bridge“ F.W. Murnaus wegweisenden Film “Nosferatu – Eine Symphonie Des Grauens“ (1922), in dem Schauspieler Max Schreck in der Rolle des Grafen Orlok das Aussehen und Auftreten von Vampiren in der Popkultur bis heute beeinflusst.
Den Abschluss bildet in “Endlich Daheim“ ein orgelbegleitetes Gesangsstück von Zeena Schreck, das mich leider weder technisch noch atmosphärisch überzeugt.
Veröffentlichung
”Bring Me The Head of F.W. Murnau” erschien am 11. März diesen Jahres, dem 89. Todestag von Friedrich Wilhelm Murnau. Neben der von uns getesteten Standardversion ist auch eine auf 89 Exemplare limitierte Edition erhältlich, die von Zeena Schreck persönlich signiert wurde. Beide Versionen erscheinen als toll illustriertes Digipack, dem ein 4-seitiges Booklet, das unter anderem Fotos von F.W. Murnaus Grabstätte und den Songtexten dieses Albums enthält, beiliegt.

Einen sehr guten Eindruck vom Album, mitsamt Hörprobe, bekommt ihr auf Zeena Schrecks Bandcamp Seite. Dort und auf Zeenaschreck.com könnt ihr ”Bring Me The Head of F.W. Murnau” in beiden Versionen auch erwerben.
Fazit
Gerade bei passenden Rahmenbedingungen (abgedunkelter Raum, keine Störungen) entfaltet Zeena Schrecks ”Bring Me The Head of F.W. Murnau” eine stimmige Horror-Atmosphäre und empfiehlt sich daher Dark Ambient-Fans, aber auch Freunden von Soundtracks (egal ob von Filmen, Videospielen etc.) und allen, die eine atmosphärengeladene musikalische Untermalung für passende Szenen (z.B. für Pen-&-Paper und LARP Rollenspiele) suchen. Und selbstverständlich sollten die auf dem Album präsentierten Themen auch Freunde klassischer Horror-Filme der 1920er und darüber hinaus ansprechen, da sie meiner Meinung nach (zumindest was den Großteil der Stücke des Albums angeht) auch den Geist und die Atmosphäre dieser Filme richtig gut transportieren.
Die geringe Spieldauer von lediglich knapp über 18 Minuten drückt meine Wertung allerdings genauso wie der Umstand, dass mich nicht alle der sechs auf dem Album enthaltenen Musikstücke auch vollends überzeugen können.
Verlag/ Label: Zeena Schreck
Veröffentlichung: 11.03.2020
Laufzeit: ca. 18 Minuten
Webseite: https://www.zeenaschreck.com
Webseite 2: https://zeenaschreck.bandcamp.com/releases
Webseite 3: https://www.facebook.com/ZEENA.Official.ZeenaSchreck/?ref=py_c
Copyright Artikelbild: Zeena Schreck; Ben Vaughn Zeitlin
Copyright andere Bilder: Zeena Schreck
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7/10