Der Weg in die nächste Konsolengeneration

Eine neue Konsolengeneration steht vor der Tür und unter den Fans bricht sich der Hype, wie auch der Hate, Bahn. Dass sich überzogene Erwartungen und kultähnliche Anbetung eines Systems negativ auf die Lenkwirkung der geneigten Kundschaft auswirken, sollte hinlänglich bekannt sein. Das Konsolenproletariat und die selbsternannte PC-Herrenrasse erinnern diesbezüglich mehr an die verwirrten Ideologiekämpfe zwischen den Kommunisten und Faschisten, beides Regierungsformen die durch ihren großflächigen Untergang die eigene Minderwertigkeit bezeugten und heute nur noch in stark abgewandelten Formen oder mit nahezu belangloser Wirksamkeit existieren. Da bleibt nur zu hoffen, dass sich das streitbare Pack unter den Konsumenten irgendwann selbst zerfleischt und endlich einen Raum schafft, in dem die Nutzer gemeinsam eine starke Gegenposition zu den etablierten Herstellern formen können.

Was bist du?

Abgesehen von rein emotional geführten Debatten haben sich bislang die verfügbaren Systeme gewisse Kernkundschaften sichern können. Aber ob dies auch weiterhin der Fall sein wird, wage ich zu bezweifeln. Die PS5 wird im November dieses Jahres über die Ladentheken wandern, oder vermutlich eher mittels Lieferdienst quer durch die Länder gejagt. Bislang stellt sich für mich jedoch die Frage: Was bist du, was willst du sein? Damit meine ich mich nicht selbst, sondern die Plattform an sich, deren Existenzberechtigung mit der Zeit immer kleiner wird. Die X-Box hat sich mit der X-Box One ja schon fast selbst abgeschafft und in einen obsoleten Zustand versetzt, der nur noch von Hardcore-Fans aufrechterhalten wird. Ich kann die Enttäuschung nicht verbergen, dass viele der Vorzüge, weswegen ich vor vielen Jahren dem PC den Rücken gekehrt habe, verschwunden sind und mich mehr oder minder vor einer Lose-Lose-Situation stehen lassen.

Was ich am PC liebe

Meine ersten digitalen Schritte tat ich auf einem Computer mit 133 MHz und Windows 95 Betriebssystem. Das klassische Doom war eines meiner ersten Spiele und reichlich enttäuscht musste ich feststellen, dass Half-Life zwar irgendwie lief, aber eben nur irgendwie. Glücklicherweise standen neue Hardwarekomponenten zur Verfügung und die Aufbesserung des Rechners war nur noch eine reine Geldfrage. Damit kommen wir zum Kernargument für den heimischen Rechner: Leistung. Wer ordentlich Rechenpower möchte, kann sie hier bekommen. Die beste Grafikkarte ist nicht genug? Egal, dann pack halt zwei rein. Dem Leistungswunsch sind hier kaum Grenzen gesetzt und eines steht immer fest: Nirgends sieht es besser aus oder läuft schneller als am PC. Vorausgesetzt die Hardware ist aktuell. Mit dem Erscheinen von Crysis wurde sicherlich vielen PC-Spielern, wie auch mir damals, schnell klar, dass die eigene Hardware nicht so gut ist, wie sie sein könnte. Das Problem an der Situation ist einfach, dass die hohe Leistung Geld kostet und wer stets das Maximum aus den neuesten Games rausholen möchte, muss hierfür recht tief in die Tasche greifen.

Ein weiterer immenser Vorteil der Plattform ist die Vielseitigkeit. Morgens etwas zocken, mittags Bild und Videobearbeitung und am Abend noch schön etwas musizieren. Die richtige Hard- und Softwarekombination vorausgesetzt, kann ein PC fast alles. Die meisten Spiele sind heute multiplattformfähig und fast nur Exklusivtitel der Konsolen und diverse Strategiespiels am PC bilden die Ausnahmen. Wieso sollte man überhaupt auf einer Konsole spielen, wenn der PC so überlegen ist?

Das Argument für die alten Generationen

Um die Frage zu beantworten gehen wir in der Zeit zurück, zur N64, der Playstation und co. Wie erwähnt, war der PC teuer und wer stets die Leistungsvorteile ausnutzen wollte, musste sich im Klaren darüber sein, dass das System immer wieder erneuert werden muss. Eine Konsole war eine Einmalanschaffung. Es gab nur dieses eine System und alle Titel, die für dieses System erschienen, liefen darauf. Es gab keinen Unterschied zwischen der eigenen Konsole und der eines Freundes, ein neues Game lief bei beiden und bei beiden gleich gut oder eben schlecht. Auf der N64 meines Cousins haben wir, meist zu dritt, nächtelang durchgezockt und hatten einen riesen Spaß. Jeder hatte einen Controller in der Pfote, ein leckeres Bier stand bereit und gelüftet wurde nur, wenn man vor lauter Qualm den Fernseher nicht mehr gesehen hatte. Ja, das waren noch Zeiten im Partykeller, die, wenn man den Kater am Tag danach ignoriert, man auch heute noch gerne wiederholen möchte. Sehr begeistert war ich von meiner Xbox 360 und der simplen Handhabung. DVD rein und sofort konnte ich loslegen. Keine langwierige Installation, Treiberprobleme oder irgendwelche Patches, damit der Dreck endlich läuft. Alles Dinge, die ich so vom PC nicht kannte. Ein anderer Kumpel, welcher auch eine 360 hatte, kam ab und zu mit dieser vorbei und wir haben zusammen diverse Titel im lokalen Coop gespielt. Aber auch ohne seine Konsole hatte ich genügend Spiele, die wir im Split-Screen genießen konnten. Das Zocken war so unglaublich einfach, es war eine wahre Freude, die mich die schlechtere Grafik und die längeren Ladezeiten schnell vergessen ließ.

Warum der Wechsel?

Wieso wechselt ein PC-Spieler auf eine Konsole, ist ihm etwa das Geld ausgegangen? Nein, der Grund war ein anderer: Unabhängigkeit. Es war zu der Zeit, als aggressive DRM (Digital Rights Management) den PC überrannten und alles zerstörten, was sie berührten. Du willst Spielen? Sei gefälligst online du unwürdiger Lump, installiere Hardwaretreiber, damit wir prüfen können, ob das auch wirklich die Orginal-CD ist und aktivieren darfst du unser Produkt nicht beliebig oft. Du hast deinen Rechner neu aufgesetzt oder eine Hardwarekomponente ausgetauscht? Leg uns das offen, du wertloses Schwein! Wenn du nicht mit unserem Server verbunden bist, kannst du scheißen gehen, ist uns egal ob du Geld für das Produkt bezahlt hast, es ist UNSER Produkt und wird niemals dir gehören! Im Übrigen, du Untermensch hast keine CD verdient, wir geben dir gnädiger Weise einen Download, sparen uns damit Risiko und Produktionskosten und wenn wir mal keinen Bock mehr auf dich haben, dann stellen wir die Server ab und du kaufst gefälligst den nächsten Teil! Bei der 360 habe ich meine DVD reingelegt, war offline und konnte einfach Spielen, egal wann und egal wo, ich brauchte nur Strom, mehr nicht. Als die PS4 Server an Weihnachten lahmgelegt wurden, habe ich meine 360 angeworfen und schön ein wenig X-COM gesuchtet. An meinem letzten Rechner steht immer Jagged Alliance 2 bereit, wenn es mich mal wieder nach genialer Rundenstrategie dürstet. Aber neue Titel am Computer, mit Onlineabfrage hier und zeitlicher Limitierung dort? Nein danke.

Was hat sich geändert?

Also ist die Konsole für mich ja scheinbar das Optimum, oder? Grafik ist mir nicht so wichtig, Plug and Play soll es sein, schön alles offlinefähig und dank mehrerer Controller mit Kumpels am Sofa zocken. Das war einst das Verkaufsargument der Konsole. Deine Grafik ist mies, außer zocken kannst du nicht viel machen, aber du bist unabhängig und kannst zusammen mit Freunden unkompliziert loslegen. Ja einen Scheißdreck kann ich. Ich habe Steam boykottiert und die Plattform gewechselt, weil mich die Online-Abhängigkeit wahnsinnig macht und womit kommen Microsoft und Sony jetzt um die Ecke geschissen? Online dies, verknüpfbar mit asozialen Medien, digital das. Ich will einen Datenträger nehmen, ihn in den verschissenen Plastikhaufen knallen und das erworbene Medium nutzen. Wenn ich dazu online sein und mich kontrollieren lassen muss, kann ich einfach wieder auf den PC wechseln, denn dann bietet mir eine Konsole absolut keinen Vorteil mehr. Die Couch-Coop-Titel auf der PS4 sind lächerlich wenig und selbst lokaler Coop mit zwei Konsolen geht meistens nicht, nein, ich muss natürlich online sein, scheißegal, ob beide Kisten direkt nebeneinanderstehen, das Spiel unterstützt es einfach nicht. Aber gut, bei jeder LAN-Party aus meiner Jugend gab es bei jedem Spiel mindestens einen, bei dem etwas nicht funktioniert hat, war wohl so eine Art Fluch. Spiele müssen auf der PS4 installiert werden, wie am PC auch, aber die Festplattenkapazität ist verbrecherisch gering.

Dadurch, dass vom Konsolenbesitzer erwartet wird, internetfähig zu sein, bekommt er, wie der PC auch, unfertige Titel, die am Release erst mit einem sogenannten Day-One-Patch spielbar werden. Ja, ich schaue dich an, The Evil Within, du zu Beginn unfertiges Stück Abfall, welches ohne Patch kaum spielbar ist. Keine Firma hält ewig und vor allem in der digitalen Branche sind Aufstieg und Niedergang sehr nah beieinander. Irgendwann wird auch Sony in der Konsolenabteilung untergehen und mit ihm seine Server. Wo bekomme ich dann den Patch her, damit das Spiel spielbar ist? Nirgends? Super… Auch wenn Steam einmal das Zeitliche segnet ist fraglich, ob sie die erworbenen Titel tatsächlich zum de facto Download freigeben oder nicht. Was passiert eigentlich wenn die Führungsriege wechselt, denn Rechte an den digitalen Werken habe ich als Konsument quasi gar keine. Ich bin sehr froh, meine Spiele auf einem physischen Datenträger zu haben, denn ganz egal was mit den Firmen da draußen passiert, ich kann meine, bereits heute bis zu 30 Jahre alten Perlen, immer noch zocken. Und wer behauptet, so etwas könne nicht passieren, möge sich über den Fall Konami erkundigen.

Die PS 5

Da kommt sie also, die neue PlayStation. Besinnt sie sich auf alte Stärken und setzt ein klares Kaufargument, um mit der unbezwingbar herausragenden Leistung des PCs konkurrieren zu können? Ja ne, eher nicht. Couch-Coop? Kein Fokus erkennbar. Offline-Fokus? Ja lol ey. Plug and Play? Ne, drauf geschissen, lass lieber eine Konsole ohne Laufwerk rausbringen. Ich darf mir also ein System kaufen, welches keinen Couch-Coop fokussiert, digitale Vernetzung anstrebt und bei der laufwerklosen Version nur Downloadtitel bietet. Der Vorteil zum PC ist doch klar erkennbar, ich kaufe mir ein technisch minderwertigeres System und darf dann Teil eines Huldigungskultes sein, what a great deal. Zwischenzeitlich wird dann vermutlich noch eine Pro-Version erscheinen, damit ich upgraden kann. Woher kenne ich dieses Prozedere gleich noch mal? Genau, vom PC! Warum also eine PS5 kaufen, wenn diese mir exakt das gleiche bietet wie ein PC mit den exakt gleichen Limitierungen, aber unter dem Strich viel schwächer ist?

Das einzige Argument für mich sind hier nur noch die physischen, offlinefähigen Datenträger. Falls in den nächsten 24 Monaten erkennbar genug brauchbare Spiele auf Disc herauskommen, ist die PS5 für mich eine Option. Falls nicht, hat Sony seinen Weg vollendet, die Konsole als solche beerdigt und ein neues Wesen erschaffen: Den schwachen Computer mit Sony-Betriebssystem. Was für eine schäbige Entwicklung und eine gewisse Teilschuld tragen hier eindeutig die verfeindeten Konsumentenbasen. All die Streitgespräche drehten sich fast immer ausschließlich um den Preis und die Leistung eines Systems, nicht dessen Identität. Als Resultat verlieren die Konsolen ihre Identität und kämpfen gegen den PC den aussichtslosen Kampf um Leistung und Kostensenkung. Als würde ein Scharfschütze versuchen, mit der Durchschlagskraft eines Panzers zu konkurrieren, anstatt sich auf seine Kernkompetenz zu besinnen. Ich lade jetzt lieber einen Kumpel ein und zocke Resident Evil 5 im Split-Screen, um auf andere Gedanken zu kommen, oder Gears of War, oder Split/Second: Velocity, oder Mortal Kombat, oder…

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